Dabei betonte er vor rund 250 interessierten Zuhörern die Bedeutung eines professionellen Journalismus, kritisierte aber die große Macht der Medien. Diese reiche weit über die ihnen im demokratischen Staat zugedachte Rolle hinaus. Sie beeinflusse Politik und Politiker, die bei ihren Entscheidungen heute stets auf die voraussichtliche Medienberichterstattung bedacht sind. Seit mehr als 10 Jahren beleuchten renommierte Wissenschaftler im „Wissenswerk Landshut“ aus unterschiedlichen Disziplinen einmal im Semester das Thema „Wissen über das Wissen“, wie Hochschulpräsident Prof. Dr. Stoffel bei seiner Begrüßung erklärte. Die Hochschule Landshut lege großen Wert auf den Blick über den Tellerrand hinaus; dies zeige auch das seit diesem Semester für alle Bachelor-Studenten eingeführte „Studium Generale“. Eine „Vorzeigeveranstaltung“ sei hier auch das Wissenswerk Landshut, er bedankte sich bei den Partnern, neben der Hochschule die Hochschulgemeinde und das BMW Werk Landshut, für das langjährige Engagement. In Bezug auf das Thema Massenmedien betonte er den „gefühlten“ gewachsenen Einfluss der Medien, einen Eindruck den Prof. Dr. Wilke bestätigte. Die Macht der Medien sei wirtschaftlich und auch politisch enorm gewachsen, wie Prof. Dr. Wilke ausführte. Die Bezeichnung „4. Gewalt“ im Staat neben Legislative, Exekutive und Judikative sei im eigentlichen Sinn nicht richtig, sei aber eine treffende Metapher für die vorhandene Situation in Deutschland. Der öffentliche Auftrag der Medien laute, Bürger zu informieren, ein Meinungsspektrum abzubilden um politische Partizipation zu ermöglichen. Ein vom Staat unabhängiges Mediensystem solle die Kritik und eine Kontrolle der Politik ermöglichen. Durch Expansion und Bedeutungsgewinn seien die Medien aus dieser untergeordneten Rolle herausgetreten. Politische Entscheidungen würden häufig nicht mehr nach Logik getroffen, entscheidend sei die „Medienlogik“, die Darstellungspolitik werde immer wichtiger und so die Politik mediatisiert: „Es reicht nicht mehr Gesetze zu beschließen, sie müssen in der Kommunikation verkauft werden“, wie Prof. Wilke erklärte. Bei den Journalisten liege die Macht, Informationen und Meinungen durch die Massenmedien zu verbreiten oder eben auch auszusortieren, zu entscheiden, wer zitiert wird und wer nicht. Verschiedene Nachrichtenfaktoren wie z.B. die Bedeutung von Personen oder Ereignissen, Überraschung oder auch Negativität spielten hier eine Rolle. Doch auch die subjektive Einstellung von Journalisten und ihr Berufsverständnis – von der Objektivität verpflichteten Vermittlern bis zu einer missionarischen Rolle - beeinflussen die Berichterstattung und damit die Deutung von Informationen. Auch sei ein enges Netzwerk zwischen Politikern und Journalisten entstanden, die privilegierten Zugang zu diesen hätten. Von einer reinen Mittlerrolle, von einer objektiven Berichterstattung durch die Massenmedien kann man also nicht ausgehen. Im Gegenteil ist Prof. Wilke der Meinung, dass in bestimmten Fällen eine gezielte Manipulation durch die Medien stattfände; dies setzte allerdings eine Täuschungsabsicht voraus, die schwer zu beweisen sei. Als Höhepunkt der Macht bezeichnete er Skandale. Hier fände häufig eine Vorverurteilung ohne Rücksicht auf Fakten statt, mit fatalen Folgen für die Betroffenen. Zwar hätten das Medienangebot und auch die Mediennutzung, sie liegt heute inkl. „Nebenbeinutzung“ bei rund 10 Stunden pro Tag, enorm zugenommen. Dies bedeute aber nicht gleichermaßen einen Zuwachs an vermittelten Meinungen. Sei die Orientierung in der Umwelt ein vorrangiges Ziel der Mediennutzung besonders im Printbereich gewesen, rücken Unterhaltung, soziale Kontakte, Musik und mehr in den Vordergrund. Gerade die Digitalisierung habe hier einen starken Umbruch bewirkt, der zu wirtschaftlichen Problemen der klassischen und seriösen Printmedien geführt habe. Beim Anzeigengeschäft, von dem viel auf Angebote im Internet abwanderte, mussten sie starke Einbußen hinnehmen und kostenlose Konkurrenzangebote im Bereich der News und Infos führen zum Rückgang der Auflagenzahlen. Besonders in der jungen Bevölkerung nimmt die Nutzung der Tagespresse ab. Einsparungen gerade im klassischen Journalismus seien die Folge. Zwar seien durch das Internet vielfältige Informationen zugänglich und es werde dem einzelnen möglich, seiner Meinung Ausdruck zu verschaffen. Die Gefahr dieses „Laienjournalismus“ seien beispielsweise Shitstorms aufgrund ungeprüfter Meldungen. Prof. Dr. Wilke spricht sich klar für einen professionellen Journalismus aus, der mit dem nötigen Handwerkszeug ausgerüstet Informationen beschafft, verifiziert, hinterfragt und bewertet. Dies sei besonders vor dem Hintergrund der wichtigen Funktion Orientierung für die Gesellschaft zu schaffen von großer Bedeutung. Wünschenswert sind für ihn Medien mit weniger Macht, die ihre Dienerfunktion gegenüber Staat und Gesellschaft wahrnehmen. Die anschließende lebhafte Diskussion mit dem Referenten zeigte das große Interesse am Thema Medien und am aktuellen Wissenswerkvortrag.