Für den Weg hin zu einer sauberen, umweltverträglichen und klimafreundlichen Energie- und Wärmeversorgung müssen unterschiedliche Technologien und Maßnahmen zusammenspielen. Die Landshuter Energiegespräche der Hochschule Landshut wollen in diesem Semester Alternativen und Perspektiven für eine erfolgreiche Energiewende aufzeigen. Eine Analyse und Bilanz von alternativen Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren von Nutzfahrzeugen und mobilen Arbeitsmaschinen bot am 19. Mai 2025 ein Vortrag von Prof. Dr. Ralph Pütz. Er forscht seit vielen Jahren im gesamten Spektrum der Antriebstechnik, besonders aber im Bereich der Nutzfahrzeugtechnik und hat selbst viele Abgasanalysen im Realbetrieb durchgeführt.
Transferveranstaltungen wie die Landshuter Energiegespräche sind ein wichtiges Instrument für die enge Verzahnung von Forschung und Lehre mit Praxis und Gesellschaft, wie Vizepräsident Prof. Dr. Markus Jautze in seiner Begrüßung der rund 80 anwesenden und online zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklärte. Gerade der Verkehrsbereich spiele bei einer erfolgreichen Energiewende eine große Rolle und Technologieoffenheit sei dabei ein wichtiges Element, erklärte Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Josef Hofmann. Im Bereich Nutzfahrzeuge, Landwirtschaft und mobile Arbeitsmaschinen mit hohen Anschaffungskosten und langen Nutzungsdauern sei eine faktenbasierte Gesamtbetrachtung notwendig, die der Vortrag liefern werde.
Verkehrssektor: nur Abgaswerte als Basis von Entscheidungen
Bei den umweltpolitischen Anforderungen der EU liege im Verkehrssektor der Fokus ausschließlich auf den Emissionen im Fahrbetrieb und sie schreibe dabei auch die Antriebsform vor und setze hier einseitig auf E-Mobilität, wie Prof. Dr. Pütz ausführte. Diese Festlegung basiere auf der Fokussierung der Euro-Grenzwertstufen alleine auf den Fahrbetrieb (Tank-to-Wheel, TtW), unter Vernachlässigung der Einflüsse aller relevanten Prozesse der Fahrzeugproduktion (Cradle-to-Gate, CtG), der Energievorkette (Well-to-Tank, WtT) und der Verwertung/Entsorgung (End-of-Life, EoL).
Eine gesamtheitliche Betrachtung zeige, dass im Nutzfahrzeugbereich E-Mobilität zwar in manchen Anwendungsfeldern – wie im Verteilungsverkehr mit rund 120 km täglicher Fahrstrecke – sinnvoll sein könne, aber im Langstreckenverkehr und Linienbusbereich weder ökologisch noch ökonomisch die optimale Lösung darstelle. Pütz spricht sich klar für eine Abkehr von fossilen Energieträgern und Kraftstoffen aus, plädiert aber für eine Technologieoffenheit, die im Nutzfahrzeugbereich mit seinen speziellen Anforderungen den Einsatz und die Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren und alternativen Treibstoffen erlaube und auch erfordere.
Grundsätzlich sei der Dieselmotor die effektivste Verbrennungskraftmaschine und bei der aktuellen, höchst wirkungsvollen Abgasnachbehandlung auch eine sehr saubere Angelegenheit. Bei Euro-6-Bussen mit Dieselantrieb mindere die sog. SCRT-Abgasnachbehandlungstechnik alle wesentlichen Schadstoffe wie Partikel, NOx, CO, HC und Schlupf-Ammoniak, die ausgestoßene Luft sei weniger partikelbelastet als die angesaugte Umgebungsluft. Insgesamt sei der Schadstoffausstoß nahe an der versuchstechnischen Nachweisgrenze und folglich zu vernachlässigen. Beim Einsatz von alternativen synthetischen Kraftstoffen mit höherer Cetanzahl seien die NOx-Abgaswerte bei Motoren mit auf konventionellen Diesel abgestimmtem Mapping nur minimal höher und die lokalen Emissionen von modernen Verbrennungsmotoren damit unbedeutend. Die weitere Verschärfung der Abgasgrenzwerte in diesem Bereich sei wenig sinnvoll und weitere Verschärfungen wie mit Euro 7 werden sich an den Umweltmessstationen kaum verifizieren lassen.
Auch der CO2-Ausstoß, der für die Klimaerwärmung als Ursache herangezogen wird, liegt laut Pütz bezogen auf den europäischen Verkehrsbereich auf relativ niedrigem Niveau: Der Anteil des Verkehrs bei den CO2-Emissionen in Europa liege zwar bei rund einem Fünftel. Allerdings betrage der anthropogene (menschgemachte) CO2-Ausstoß nur rund 1,9 Prozent des weltweiten Gesamtausstoßes und bezogen auf die gesamten weltweiten CO2-Emissionen inklusive natürlicher Quellen sogar nur 0,08 Prozent. Laut Umweltbundesamt bildet der CO2-Ausstoß des Menschen dennoch eine zusätzliche Quelle, die einen kontinuierlichen Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxid-Gehaltes verursacht. Ein Teil dieses Ausstoßes wird vom Ozean und der Vegetation zusätzlich aufgenommen, aber nicht die gesamte Menge. Außerdem sei das Bild des emissionsfreien Fahrens mit E-Antrieb nur haltbar, wenn man ausschließlich den reinen Fahrbetrieb (Tank-to-Wheel) betrachtet. Jedoch müsse auch die Fahrzeugproduktion und vor allem die Treibstoffvorkette bei der Erzeugung von elektrischer Energie in Deutschland mit herangezogen werden.
Eine Gesamtumweltbilanz einer realen deutschen ÖPNV-Busflotte zeige, dass beim heutigen deutschen Energiemix E-Antriebe keine übergreifende ökologische Verbesserung gegenüber Euro VI-Bussen aufweisen. Dagegen würde sich der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, Re- und E-Fuels oder Biogas positiv auf die Bilanz auswirken. Eine zielführende Option sei also, auf Kraftstoffe zu setzen, die aus regenerativ erzeugter Energie oder Biomasse gewonnen werden können. Die energieintensive Erzeugung von E-Fuels solle allerdings in Regionen mit mehr Sonnenschein oder Wind als bei uns erfolgen, da mit regenerativ gewonnenem Strom per Elektrolyse Kraftstoffe erzeugt werden - PtL (Power to Liquid) oder PtG (Power to Gas).
Großes Potenzial von HVO-Kraftstoffen
Der Einsatz von HVO (Hydrotreated Vegetable Oil)-Kraftstoffen, erzeugt aus Pflanzen- und Speiseöl (einschließlich Rest- und Abfallstoffe wie Altspeiseöle) oder Tierischen Abfällen, bedeute eine CO2-Einsparung von 90 Prozent. Nahezu alle Nutzfahrzeughersteller hätten bereits auch für ihre älteren Motoren ab 2013 eine HVO-Freigabe erteilt, in Ländern wie Italien oder Österreich sei dieser Kraftstoff auch an den Tankstellen verfügbar.
Messungen bei Linienbussen hätten gezeigt, dass der Einsatz von z.B. HVO zu keinen nennenswerten zusätzlichen Emissionen führe, allerdings sei ein Mehrverbrauch von bis zu 2 Prozent festzustellen. Dies sei aber ein eher ökonomisches Thema. Dabei sei auch zu bedenken, dass gerade bei den im Nutzfahrzeugbereich, im ÖPNV oder Fernverkehr transportierten großen Lasten die Reichwerte von E-Fahrzeugen sinke, dies besonders auch bei Temperaturen von weniger als Minus 5 Grad, wenn bei Bussen die Heizung einen hohen Strombedarf hat, der aus dem limitierten Energievorrat der Batterie gedeckt werden muss. Dies müsse man gerade im Linienbus-Verkehr durch zusätzliche Fahrzeuge ausgleichen, was enorm hohe Investitionen und den Bedarf an zusätzlichem Fahrpersonal nach sich zieht.
Prof. Dr. Pütz führt zusätzlich eine Kostenbetrachtung durch, bei der er die Kosten (Kapitaldienst, Instandhaltung, Energie, Delta Infrastruktur) für einen Diesel-Bus mit Euro VI mit 100 Prozent ansetzt. Bei Einsatz von HVO fahre man heute um rund 10 Prozent teurer, mit Biogas 20-25 Prozent, mit E-Fuel 70 Prozent, beim Einsatz eines E-Bus liege man 60 Prozent darüber, bräuchte man zusätzliche Busse liege man um ein Vielfaches höher.
Vorhandene Fahrzeugflotten mit HVO oder anderen Re- und E-Fuels/E-Gases zu betreiben sei ökologisch und auch ökonomisch zu befürworten. Wegen der fehlenden Technologieoffenheit müssten aber die drei saubersten ÖPNV-Busunternehmen Deutschlands, die ihre Busse mit Biogas betrieben hätten, jetzt auf E-Mobilität umsteigen. Dennoch gäbe es im Nutzfahrzeugbereich Anwendungen wie z.B. den Verteilerverkehr, bei denen es Sinn mache auf E-Antriebe zu setzen. Weder die Abgaswerte noch der Energieverbrauch bei modernen Dieselmotoren seien aber Anlass, grundsätzlich auf andere Antriebstechnologien zu wechseln. Er wünscht sich mehr Energie- und Technologieoffenheit der Politik, man müsse auch die konkreten Anwendungsfälle betrachten, um sowohl der ökologischen als auch der ökonomischen Verantwortung gerecht zu werden.
Landshuter EnergiegesprächeFotos: Hochschule Landshut
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