„Erwachsenenbildung und Entwicklung rücken näher zusammen – Bildungsarmut bekämpfen, Teilhabe stärken!“ So heißt das Projekt, in dessen Rahmen sich am 17. Juni 2025 Taube Teilnehmende aus verschiedenen europäischen Ländern am Campus der Hochschule Landshut getroffen haben.
Die Projektgruppe setzt sich mit der Frage auseinander, wie Erwachsenenbildung zur sozialen Teilhabe und zur Verringerung von Bildungsungleichheit beitragen kann. In diesem Zusammenhang stieß der Studiengang Gebärdensprachdolmetschen (GSD) mit seinem interdisziplinären und praxisnahen Profil auf besonderes Interesse. Der grundständige Bachelor-Studiengang an der Hochschule Landshut ist der einzige dieser Art in Bayern.
Frühere Ablehnung der Gebärdensprache wirkt noch nach
In Deutschland sind nach Angaben des Deutschen Gehörlosen-Bund e.V. etwa 80.000 Menschen gehörlos. Mehr als 200.000 Menschen nutzen die Deutsche Gebärdensprache DGS), darunter auch schwerhörige Menschen. Erwachsenenbildung fördert soziale Teilhabe und verringert Bildungsungleichheiten insbesondere für Taube Menschen, die aufgrund des lange bestehenden Verbots der Gebärdensprache seit dem Mailänder Kongress der Gehörlosenlehrer von 1880 oft nur eingeschränkt Zugang zu Wissen hatten. Erst seit dem 1. Mai 2002 ist die Deutsche Gebärdensprache (DGS) im Behindertengleichstellungsgesetz in Deutschland als eigenständige Sprache anerkannt.
Gebärdensprachdolmetschende ermöglichen barrierefreie Kommunikation
Der Studiengang Gebärdensprachdolmetschen (GSD) bildet Dolmetscherinnen und Dolmetscher aus, die Wissenslücken schließen, sich international vernetzen und vielen Tauben Menschen eine barrierefreie Kommunikation im privaten und beruflichen Kontext ermöglichen. Der Bedarf an Gebärdensprachdolmetschenden ist nach wie vor höher als die Verfügbarkeit.
International Sign erleichtert Verständigung über Sprachgrenzen hinweg
Bereits eine Woche vor dem Besuch hatte Margit Hillenmeyer, Dozentin für Deutsche Gebärdensprache an der Hochschule Landshut, mit Studierenden im zweiten Semester das Thema „Internationale Kommunikation und International Sign“ behandelt. Das war ein glücklicher Zufall, der sich für die angehenden Dolmetscher und Dolmetscherinnen als ideale Vorbereitung erwies: Die Gebärdensprachkommunikation über Sprachgrenzen hinaus weist einige Besonderheiten auf. „International Sign ist kein festes System, sondern verändert sich je nach Beteiligten, Situation und Bedürfnissen. Diese flexible Kommunikationsform kombiniert Elemente verschiedener nationaler Gebärdensprachen, wobei die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner Vokabular aus ihrer eigenen Sprache einbringen und anpassen“, erklärt Hillenmeyer.
Zuerst empfing Prof. Dr. Sabine Fries, Studiengangsleitung GSD, die Gäste offiziell. Anschließend teilte Dawei Ni, Dozent für Gebärdensprache, die Gruppe auf und begleitete sie in den Unterricht bei seinem Kollegen Thimo Kleyboldt und seiner Kollegin Margit Hillenmeyer. Danach wurden die Gruppen getauscht, um möglichst viele Interaktionen mit den Studierenden zu ermöglichen.
Studierende konnten internationale Kommunikation direkt ausprobieren
Ausgesprochen bereichernd waren die direkten Kommunikationsübungen. Die Studierenden konnten hautnah erleben, wie vielfältig die Kommunikationsstrategien von Tauben Menschen sein müssen, zum Beispiel dann, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner keine DGS oder kein Fingeralphabet beherrschen. Improvisation, kulturelles Hintergrundwissen und Offenheit waren gefragt.
Austausch mit wertvollen Perspektivwechseln
Ein besonderer Moment entstand, als ein Teilnehmer ein Rätsel zu seinem Land stellte und die Studierenden erraten mussten, um welches Land es sich handelt. Die Antwort: Belgien. Dass dort die Pommes Frites erfunden wurden, wussten nur wenige. Ein Aha-Erlebnis und ein schönes Beispiel dafür, wie interkulturelles Wissen den Dialog erleichtert. Insgesamt erwies sich das internationale Treffen an der Hochschule Landshut als echtes Highlight voller interkultureller Impulse und Perspektivwechsel! Eine Bereicherung für alle Beteiligten.
Bildunterschrift:
Taube Menschen aus mehreren Ländern tauschten sich mit angehenden Gebärdensprachdolmetschenden der Hochschule Landshut aus.