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Neue Geschäftsideen im Sozialen Sektor

Was sind Social-Impact-Konzepte? Was können sie jetzt und künftig leisten? Um diese Fragen zu beantworten, haben sich Vertreter aus Wohlfahrtsverbänden, Wirtschaft und Wissenschaft zur zweiten Fachtagung der Fakultät Interdisziplinäre Studien an der Hochschule Landshut versammelt. Initiiert und moderiert wurde die Fachtagung von Frau Prof. Dr. Karin E. Müller und Herrn Prof. Dr. Christoph Fedke.

Fachtagung "Social Impact". Podiumsdiskussion. Auf dem Podium: Prof. Dr. Christoph Fedke, Bjoern Struewer, Prof. Dr. Karin E. Müller, Dr. Joachim Rock (v. l. n. r.)
Fachtagung "Social Impact". Podiumsdiskussion. Auf dem Podium: Prof. Dr. Christoph Fedke, Bjoern Struewer, Prof. Dr. Karin E. Müller, Dr. Joachim Rock (v. l. n. r.)

Dass Autisten eine besondere Gabe haben, Muster zu erkennen, sachlich und schnell zu arbeiten, hat den ersten Vortragenden, Herrn Dirk Müller-Remus, dazu bewegt, eine Diagnose in ein Qualitätssiegel umzuwandeln. Er gründete ein IT-Dienstleistungsunternehmen – „ein Sozialunternehmen und das erste deutsche Unternehmen, das ausschließlich Menschen im Autismus-Spektrum als Consultants im Bereich Qualitätsmanagement, Software- und Datenbankentwicklung, Analytics sowie weiteren IT-Themen beschäftigt und seine Dienstleistungen am freien Markt anbietet“, so Herr Müller-Remus. Die auticon GmbH hat mittlerweile sieben Niederlassungen in Deutschland, zwei Niederlassungen im Ausland und über 30 % der deutschen DAX-Konzerne zählen zu ihren Kunden. Das ist eines der Erfolgsbeispiele für die Umsetzung eines Social-Impact-Konzeptes. Bjoern Struewer von der Roots of Impact GmbH stellte sich die Frage „Wie kann man die Finanzmittel so investieren, damit alle davon profitieren?“. Das Frankfurter Unternehmen agiert mittlerweile weltweit. Es prüft auf Auftrag die Social-Impact-Konzepte und empfiehlt diese an Investoren. Etliche Vermittlungen führten zum Erfolg: Im Projekt Digitale Helden übernehmen ältere Schüler die Aufklärung jüngerer Mitschüler im Umgang mit Internet und sozialen Medien; Taganu identifiziert Flüchtlinge mittels blockchain-Technologie und ermöglicht ihnen so den Zugang zu einem eigenen Konto ; das Projekt LaborVoices erforscht die Arbeitsbedingungen in, bspw., Nähfabriken, indem die Mitarbeiter selbst bestimmte Indikationsfragen beantworten. Die Mitarbeiter müssen nur eine kostenlose App runterladen. Große Modemarken nutzen die Indikatoren, um die nachhaltige Qualität ihrer Produkte nachzuweisen. U. v. m. Warum können diese Ideen momentan fast ausschließlich von Personen oder Unternehmen umgesetzt werden, die bereits in der Wirtschaft eine Erfolgsbiographie geschrieben haben? Warum schaffen es die Sozialverbände nicht, ihre Ideen wirtschaftlich umzusetzen und gewinnbringende Unternehmen zu gründen? Denken und handeln die „Sozialen“ anders? Verpassen die Wohlfahrtsverbände womöglich ihre Chance? Sie spüren einen sehr starken Innovationsdruck, die Entwicklung nutzerorientierter und unternehmerischer Dienstleistungsformate zu initiieren, die Umsetzung kommt jedoch von Anderen. Es sind Akteure, die die Position des Unternehmens am Markt sowie Gewinne als primäres Ziel setzen und nicht unbedingt den sozialen Fortschritt und gesellschaftliche Akzeptanz. Kooperation und Austausch der Wohlfahrtsverbände mit der Marktwirtschaft scheint somit notwendig zu sein. Die Fachtagung war erst der Anfang für den Dialog, der fortgesetzt werden soll. Die Teilnehmer bekamen außerdem einen Einblick in die Thematik aus der Sicht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands - Gesamtverbands e. V. (durch Dr. Joachim Rock) sowie aus der europäischen Sicht durch den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (durch Anke Böckenhoff). Europa ist das Vorbild im nachhaltigen Wirtschaften. Leider sind diese Art Investitionen – man spricht von „impact investing“ – noch eine sehr kleine Nische neben bspw. den Investitionen in die Umwelttechnologien.

Fachtagung "Social Impact". Podiumsdiskussion. Auf dem Podium: Prof. Dr. Christoph Fedke, Bjoern Struewer, Prof. Dr. Karin E. Müller, Dr. Joachim Rock (v. l. n. r.)