Fußheber-Orthesen (AFO: Ankle Foot Orthoses) werden zum Ausgleich eines pathologischen Gangbildes bei muskulärer Schwäche eingesetzt, um z.B. zu verhindern, dass die Fußspitze beim Gehen am Boden oder Hindernissen hängen bleibt. Dabei sollen sie ein stabiles und sicheres Gangbild ermöglichen und die gelenksichernde Muskulatur bestmöglich ersetzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, etwaige negative Sideeffekte gering zu halten.
Üblicherweise werden die Orthesen mit klassischen Fertigungsverfahren der Kunststofftechnik hergestellt, also z.B. durch Spritzguss oder Tiefziehen. Alternativ kommen auch faserverstärkte Kunststoffe zum Einsatz, die durch Laminieren oder Umformen von Prepregs verarbeitet werden. Dabei werden die Orthesen zwar in unterschiedlichen Größen hergestellt, können nachträglich aber nur begrenzt an die individuelle Anatomie des jeweiligen Patienten angepasst werden.
Jasmin Franziska Steinherr, Studentin der Biomedizinischen Technik an der Hochschule Landshut, untersucht in ihrer Abschlussarbeit, ob durch den Einsatz additiver Fertigungsverfahren (3D-Druck) Fußheber-Orthesen einfacher oder besser an die individuelle Anatomie der Patienten angepasst werden können. Zunächst wird eruiert, an welchen Stellen sich durch die additive Fertigung Vorteile gegenüber den o.g. Fertigungsverfahren erzielen ließen.
Ein Einsatzgebiet könnte z.B. der 3D-Druck individuell, anatomisch geformter Sohlen sein, die auf dem Scan eines Patientenfußabdruckes beruhen. Durch geometrische Anpassungen und unterschiedliche Materialkombinationen könnte auch die Steifigkeit der Sohle – und damit das Abrollverhalten – angepasst werden. Weiches Material wie Thermoplastisches Polyurethan (TPU) könnte den Komfort verbessern. Um die Zugspannungen beim Abrollen auf der Unterseite der Sohle aufzufangen, wäre das Aufdrucken auf ein Gewebe oder ein anderes Trägermaterial denkbar.
Ziel der Arbeit ist die Entwicklung von alltagstauglichen Prototypen. Es ist z.B. wichtig, dass die Orthesen möglichst in konventionellen Schuhen tragbar sind, und keine nennenswerten Beinlängenunterschiede auftreten, wenn nur einseitig eine Orthese erforderlich ist. Funktionsfähige Prototypen sollen abschließend gebaut und getestet werden. Die Untersuchungen finden mit fachlicher Unterstützung von Katharina Nirmaier (M.Sc. Clinical Gait Analysis) vom Kinderkrankenhaus St. Marien in Landshut statt.
Betreut wird die Bachelorarbeit von Prof. Dr. Raimund Kreis, Dozent für Technische Mechanik sowie Konstruktion und Entwicklung. Beim Scannen und 3D-Druck unterstützen Prof. Dr. Norbert Babel, Leiter des Studiengangs und Labors für additive Fertigung, sowie die Laboringenieure Peter Roidner, Lutz Prager und Van-Ha Nguyen von der Fakultät Maschinen- und Bauwesen (www.haw-landshut.de/fakultaeten/maschinen-und-bauwesen/ueber-die-fakultaet/labore/laf-additive-fertigung). Ergebnisse der Untersuchungen werden im Herbst 2025 erwartet.