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„Ein Produkt, das nicht gefällt, wird nicht gekauft“

Michael Lehnert von Minerva Airbag Systems sprach mit Ingenieurpsychologie-Studierenden der Fakultät Interdisziplinäre Studien über Ästhetik und Nutzerfreundlichkeit von Produkten.

Damit sich ein Produkt am Markt durchsetzt, müssen viele Aspekte ineinandergreifen. Denn neben dem Bedarf und der Funktion spielen vor allem die Optik und die erlebte Nutzungsqualität der Kunden und Kundinnen eine große Rolle. Wie das im konkreten Fall aussehen kann, erklärte Michael Lehnert vom Unternehmen Minerva Airbag Systems aus Erding in seinem Gastvortrag an der Hochschule Landshut. Er sprach auf Einladung von Prof. Dr. Hannah Jörg, Professorin für Systemtheorie und Kybernetik an der Fakultät Interdisziplinäre Studien, im Rahmen des „Theorie-Praxis-Transfers“, der im Studiengang Ingenieurpsychologie angeboten wird.

Entstanden aus den Erfahrungen der Lawinenairbag-Entwicklung zählt Minerva-AS heute zu einem der wenigen Entwickler und Hersteller für persönliche Schutzausrüstung mit Airbags. So entwickelte das Unternehmen beispielsweise eine Arbeitsschutzjacke mit einem integrierten Airbagsystem, die im industriellen Bereich eingesetzt wird und bei einem Absturz etwa von einem Gerüst schützen soll. Unter dem eigenen Label MASE (Minerva Airbag Systems Erding) haben die Gründer ihre neueste Innovation, einen Fahrrad-Airbag in Form eines Rucksacks, im März 2023 gelauncht.

Algorithmen müssen Sturzmuster erkennen

Bis diese Produkte im Handel erhältlich waren, galt es einige technische Herausforderungen zu meistern, z.B. die geeigneten Sensoren auszuwählen. So sollen sich die Airbags nach freiem Fall aus wenigen Metern Höhe   innerhalb von Millisekunden aufblasen. Das System misst dazu mithilfe von vier Sensoren Daten wie die Beschleunigung oder die Drehrate, verarbeitet diese Messwerte und speist sie in einen Algorithmus ein. „Die Kunst hierbei ist, Sturzmuster sicher zu erkennen, damit der Airbag auch wirklich ausgelöst wird, und gleichzeitig Fehlauslösungen bei ungewöhnlichen Bewegungsmustern vermieden werden“, erklärt Lehnert, „das System muss also wissen, wann es sich um einen Sturz handelt und wann es nur ein Sprung ist.“
Nutzerfreundlichkeit im Vordergrund

Eine weitere Herausforderung ist aus Sicht von Lehnert das Thema Konnektivität. So sind die Airbags mit USB-Schnittstellen ausgestattet, können mit Leitstellen bzw. dem Notruf verbunden werden und werden zudem mit einer App verknüpft. „Die Nutzerinnen und Nutzer wollen es so einfach wie möglich haben“, erzählt Lehnert, „d.h. die Schnittstelle muss leicht zugänglich sein und die App muss so gestaltet sein, dass die User sie auch nutzen wollen. Das mussten wir erst lernen, wir Techniker denken hier oft viel zu kompliziert.“

Ästhetik und Psychologie oft ausschlaggebend

Einer der wichtigsten Aspekte bei der Entwicklung von neuen Produkten ist laut Lehnert schließlich die Ästhetik: „Neben der Funktionalität spielt die Optik eine sehr große Rolle. Denn ein Produkt, das nicht gefällt, wird auch nicht gekauft.“ Das bedeutet, die Airbags müssen einfach zu bedienen sein, dürfen kein großes Gewicht haben und müssen gleichzeitig schön aussehen. „Hinzu kommt die symbolische Funktion eines Produkts“, ergänzt Lehnert, „das heißt, wir müssen das Selbstbild der Kundinnen und Kunden unterstützen.“ So kaufen Frauen beispielsweise den Fahrradairbag öfter als Männer. „Das kann damit zu tun haben, dass Frauen grundsätzlich vorsichtiger sind, während Männer ihr Sturzrisiko eher gering einschätzen.“ Für die Zukunft ist Lehnert hier allerdings optimistisch: „Dass sich die Einstellung zu solchen Technologien ändern kann, zeigt das Beispiel des Lawinenrucksacks. Dieser hat sich mittlerweile erfolgreich durchgesetzt und gilt sogar als hip.“ Fotos: Hochschule Landshut