Heute machen wir weiter mit neuberufenen Professorinnen und Professoren an der Hochschule Landshut und stellen Prof. Dorothea Zeeb vor, Professorin für Hebammenwissenschaft. Die Hebammenwissenschaft ist eine Disziplin, die im Hochschul-Umfeld noch sehr jung ist, da die Ausbildung erst 2019 akademisiert wurde. Im Interview mit Prof. Zeeb haben wir spannende Einblicke in die Hebammenwissenschaft erhalten, ganz viel Empathie und ebenso viel Neugierde erleben dürfen.
Gerne möchten wir mehr über Ihre berufliche Vita erfahren. Welchen Weg sind Sie von Ihrer Ausbildung bis zur Professur gegangen?
Ich habe noch eine klassische Ausbildung zur Hebamme in meiner Heimatstadt Tübingen gemacht. Anschließend war ich in verschiedenen Krankenhäusern tätig, habe 1994 zusammen mit mehreren Kolleginnen das Geburtshaus in München gegründet sowie als freiberufliche Hebamme gearbeitet. An der FH Salzburg habe ich im Jahr 2017 meinen Master gemacht und war dort seit 2018 als Lehrende tätig. Nachdem ich bereits externe Lehraufträge übernommen hatte, bin ich im September 2021 an die Hochschule Landshut gewechselt. Hier bin ich nun seit Februar 2025 Professorin für Hebammenwissenschaft mit der Denomination Professionsentwicklung. Wir bilden bei uns Hebammen primärqualifizierend in einem dualen Studiengang aus und bieten für bereits altrechtlich ausgebildete Hebammen einen weiterqualifizierenden Studiengang zum Bachelornacherwerb an.
Hebamme. Berufung oder Beruf – zu welcher Gruppe gehören Sie?
In meinem Umfeld gehöre ich zu der Gruppe der „Berufenen“ und kann mich nicht erinnern, dass ich jemals einen anderen Berufswunsch als Hebamme hatte. Dieser Wunsch entstand bereits zu meiner Kindergartenzeit.
Die akademische Hebammenausbildung ist eine noch recht junge Profession. Welche Herausforderungen sind damit verbunden?
Ja, das stimmt. Die Hebammenausbildung wurde hierzulande erst zum 1. Januar 2020 vollständig auf ein akademisches Niveau umgestellt, diesbezüglich war Deutschland im europäischen Vergleich ein echter Nachzügler. In Bayern startete der erste Studiengang im Herbst 2019, an der Hochschule Landshut begann der Studienbetrieb für Hebamme weiterqualifizierend 2020, die erste Kohorte im Studiengang Hebamme primärqualifizierend startete im Wintersemester 2023/24. Die Situation damals war besonders herausfordernd, da es zuvor in Bayern kaum Erfahrung durch Modellstudiengänge gab. So mussten zwei Studiengänge von Grund auf konzeptioniert und neu umgesetzt werden.
Dass der akademische Ausbildungsweg noch recht jung ist, macht sich vor allem mit Blick auf den professoralen Nachwuchs bemerkbar. Aufgrund der kurzfristigen Umsetzung ist es schwierig, die vielen neu benötigten Professuren mit den wenigen Kolleginnen, die die formalen Kriterien für eine Hochschulprofessur erfüllen, zu besetzen. Hier findet man viele Kolleginnen mit Studienabschlüssen, die im Ausland erworben wurden – mich eingeschlossen.
Was macht Ihrer Ansicht nach den Hebammen-Studiengang an der Hochschule Landshut besonders?
Ich schätze sehr, dass wir an der Hochschule Landshut einen klaren Standortvorteil haben. Denn eine Zuweisung von fünf Professuren bedeutet ein echtes Professorinnenteam, eine gute Ausstattung und die Möglichkeit, gemeinsam richtig viel bewegen zu können. Mich freut, dass wir aktuell drei Lehrkräfte für besondere Aufgaben, davon zwei Absolventinnen aus unserem eigenen weiterqualifizierenden Studiengang gewinnen konnten. Nur so können wir die Akademisierung der Hebammenausbildung weiter erfolgreich vorantreiben.
Und welche Themen treiben Sie in Forschung und Lehre besonders an?
Bei den Themengebieten Schwangerschaft und Geburt ist noch so viel Grundlagenforschung offen. Insbesondere bei dem Feld Schwangerschaft gibt es alte Lehrmeinungen und Glaubenssätze wie zum Beispiel die Definition der Schwangerschaftsdauer, die auf Hippokrates zurückgeht, die einer Überprüfung und Validierung bedürfen. Ich bin immer schon ein wissbegieriger und neugieriger Mensch gewesen und möchte Dinge durchdringen. Das ist mein Antrieb, dass ich in diesen Feldern noch mehr Erkenntnisse gewinnen möchte und damit eine Verbesserung in der Praxis erreichen kann.
Wie sieht für Sie gute Lehre ganz konkret aus?
Im Studiengang Hebamme primärqualifizierend ist es mir ein Anliegen, den Studierenden nicht nur fachliche sondern auch menschliche Qualifikationen mitzugeben. Eine zentrale Kernkompetenz ist die Persönlichkeitsentwicklung. Als Hebamme ist Empathie und ein ethisch-moralischer Kompass zentral, der dazu führt, dass wir in unserer Tätigkeit ganz bei uns sind und so der Frau den Raum geben können, so zu sein, wie sie ist. Wir brauchen die Eigenschaft, uns in einem Zug einlassen und herausfordern zu können.
Sie waren selbst als Hebamme tätig. Wo sehen Sie den größten Unterschied zwischen praktischer Tätigkeit und der Lehre?
Ich kann nachts arbeiten. Muss es aber nicht! (Anmerkung der Redaktion: Zeeb lacht herzlich!)
Und ein großer Vorteil und für mich ein echtes Privileg, das ich sehr genieße: Ich bin auch mal nicht erreichbar. Diese Situation gab es für mich als praktizierende Hebamme sehr selten.
Wenn Sie nicht forschen oder lehren, was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Man trifft mich sehr regelmäßig in der Küche an – Kochen ist meine Form von Kreativität. Ansonsten je nach Wetterlage auf dem Fahrrad oder mit der Nase in einem guten Roman.
Hand auf’s Herz: Gibt es ein Talent, das sie gerne hätten, obwohl es vollkommen nutzlos ist?
Ich wäre gerne eine Synästhetin, würde gerne Musik in Farben wahrnehmen.
Vielen Dank Frau Zeeb, dass Sie sich Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben und herzlich willkommen in unserer Hochschul-Familie!
