Wildpoldsried - innovativ – richtungsweisend: Unter diesem Motto wird in der kleinen Oberallgäuer Gemeinde mit knapp 2615 Einwohnern seit 1999 unter Einbindung der Bürger ein ökologisches Profil für die Gemeinde erarbeitet. Dieses Profil sei nicht nur regional, sondern bayernweit und sogar international ausgezeichnet worden, wusste Günter Mögele zu berichten.
Für ihr Engagement im Bereich Klimaschutz erhielten die Wildpoldsrieder in den vergangenen Jahren zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Deutschen Solarpreis, den European Energy Award und die Umweltmedaille des Bayerischen Umweltministeriums. Seit dem vergangenen Jahr ist die Gemeinde zudem „der Windstützpunkt“ Bayerns. Sogar Siemens als Weltkonzern - hat die Gemeinde für sich entdeckt und für das Projekt IRENE (Integration regenerativer Energien und Elektromobilität) ausgewählt.
Ziel sei es, bis 2020 den im Dorf benötigten Energiebedarf regenerativ zu erzeugen. 500 Prozent regenerative Stromerzeugung sei das Ergebnis der Stromproduktion der Gemeinde im Jahr 2013 gewesen. Ein großer Anteil davon werde von den sieben Bürgerwindkraftanlagen mit insgesamt 12 MW, an denen über 300 Bürger beteiligt seien, erzeugt. Aber auch der Biogasanteil (fünf Anlagen) und der Strom von über 230 Photovoltaikanlagen sind hier zu erwähnen. Ein kleiner Anteil stamme zudem von den drei kleinen privaten Wasserkraftanlagen.
Seit 2005 ist die „Wildpoldsrieder Dorfheizung“ in Betrieb und versorgt seit dem alle öffentlichen und kirchlichen Gebäude im Ort. Ziel war, alle veralteten Ölheizungen in den eigenen Gebäuden durch eine zentrale Holzheizung zu ersetzen. Begonnen wurde mit einer Heizzentrale mit 400 KW Leistung im Untergeschoss eines in der Mitte des Ortes liegenden Gebäudes. Inzwischen wurde der Aufbau des Wärmenetzes auf 2.885 m ausgedehnt. Hinzu kamen zwei Biogas-BHKWs à 250 kW. Heute ist ein eigenes Biogasnetz bereits mit einer Länge von 4,2 km verlegt.
Die ersten Windräder wurden im Jahr 2000 gebaut. Mit vollen 92 Prozent der Einwohner der Allgäuer Gemeinde ist die Akzeptanz der Windkraft im europaweiten Vergleich enorm hoch. „Wir haben zwei Windräder gebaut und die Erfahrungen mit Schall und Schatten haben alle Vorurteile bezüglich Beeinträchtigungen schnell relativiert. „Bei Windrädern von Lärm zu sprechen ist Humbug“, sagte Günter Mögele. Die Windkraftanlagen seien „nur ein paar Stunden pro Jahr wirklich hörbar“. 2014 möchte die Gemeinde weitere zehn Windräder errichten, an denen sich Bürger der Gemeinde, wie auch bisher, privat beteiligen können. Diese investieren mittlerweile so gerne in die Windkraft, dass die Gemeinde die Beteiligungssummen begrenzen musste.
Aufgrund der vielen erfolgreich umgesetzten Projekte kommen jährlich über 100 internationale Besuchergruppen nach Wildpoldsried. Seit Mai dieses Jahres gibt es dazu die Möglichkeit, im Ökologischen Bildungszentrum „Kultiviert“ CO2-frei zu tagen und zu schlafen – kombiniert mit „Energieexkursionen“. Beheizt wird das Gebäude – soweit überhaupt noch notwendig – natürlich von der CO2-neutralen Dorfheizung.
Zusammen mit den Bürgern wurden in der Gemeinde zwischenzeitlich über 24 Mio. Euro in Energieprojekte investiert. Bereits 6 Mio. Euro pro Jahr konnten als Erträge verbucht werden. Hinzu kommen zahlreiche Aufträge für die örtlichen Handwerker.
Zu dem Erfolg befragt, sagte Günter Mögele: „Wir in Wildpoldsried haben einige Idealisten, denen wir es verdanken, dass in Wildpoldsried regenerative Energien in einer großen Bandbreite erzeugt werden. Aus der Landwirtschaft kommen vorbildliche Aktivitäten und ortsansässige Unternehmen ergänzen diese Palette durch innovative Produkte und Dienstleistungen“.
Doch Energiewende bedeute für die Gemeinde auch Energie einzusparen. Dazu setze die Gemeinde auf kommunale Energieberatung, Energiespar-Wettbewerbe, ein Pumpenaustauschprogramm, Energiemanagement für öffentliche Gebäude, Zuschüsse für energieneutrales Bauen oder den Energieführerschein für Grundschüler. Alle seien eingebunden – und zwar mit Begeisterung. Da sich die Investitionen der Bürger in die kommunalen Energieanlagen lohnten, seien die meisten Wildpoldsrieder von der Energiewende ebenso beeindruckt wie begeistert. Resümierend fasste Günter Mögele zusammen, die Energiewende funktioniere nur zusammen mit den Bürgern.