Digitales Energiemanagementsystem verwirklicht Klimaziele

Hochschule Landshut entwickelt System zur Sektorenkopplung, Senkung des Energiebedarfs und des CO2-Ausstoßes

In der jüngsten Online-Veranstaltung der Landshuter Energiegespräche stellte die Projektleiterin Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse (Hochschule Landshut, Forschungsschwerpunkt Energie) den Aufbau und Ausbau eines Digitalen Energiemanagementsystems vor, das sie zusammen mit Prof. Dr. Sascha Hauke betreut. Beim Webinar am 22. Juni 2020 zeigte sie die Projektidee und den Fortschritt des aus Mitteln des 6. Energieforschungsrahmenprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie geförderten Projektes „DENU – Digitales Energiemanagement“ am Beispiel „smarte Hochschule“. Das System kann durch weitere Partner und Liegenschaften aber je nach Bedarf skaliert und zu einem übergreifenden System mit dem Ziel der Einsparung von Primärenergie und CO2-Ausstoß ausgebaut werden.

Der online zugeschaltete Hans Stanglmair, Vorsitzender der Solarfreunde Moosburg, die Kooperationspartner der Veranstaltungsreihe sind, begrüßte die Teilnehmer*innen und betonte die Bedeutung einer nachhaltigen Energieversorgung und des Klimaschutzes, für die der Verein seit Jahren mit zahlreichen Aktivitäten eintritt. Prof. Dr. Josef Hofmann, Sprecher des Forschungsschwerpunktes Energie der Hochschule Landshut, betonte bei seiner Einführung, digitale Energiemanagementsysteme könnten einen wichtigen Beitrag für die Senkung des Energiebedarfs und eine effiziente Energieversorgung sowie den Wechsel von fossilen zu einer hundertprozentigen Abdeckung durch regenerative Energiequellen leisten. 

DENU gibt Handlungsempfehlungen über die Hochschule hinaus

Das Ziel der Bundesregierung laute, bis zum Jahr 2050 die genutzte Primärenergie um 50 Prozent zu senken und 80 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen. Das digitale Energiemanagementsystem, das im Projekt DENU entwickelt wird, dient zur Sektorenkopplung, Energieeffizienzsteigerung und beispielhaft Vernetzung verschiedener Liegenschaften in einer Region. DENU betrachtet die Bereiche Strom, Wärme, Kühlung und Mobilität und soll über die zeitaktuelle Datenerfassung und Prognose von Energiedaten inklusive eines Monitorings Handlungsempfehlung zur Umsetzung von Maßnahmen geben und damit zu einer deutlichen Energieeinsparung und CO2-Reduktion führen.

Im Jahr 2016 wurde aufbauend auf dem Umweltmanagementsystem der Hochschule auf Basis studentischer Projektarbeiten der Fakultät Maschinenbau das Energiemanagementsystem nach ISO-50001 eingeführt. Durch den Aufbau neuer Messtechnik (Heizungs-, Wasser- und Stromzähler) werden nun zeitaktuelle Verbrauchs- und Angebotsdaten erfasst. Dies nicht nur am Campus der Hochschule, sondern auch an den Technologiezentren in Ruhstorf a.d. Rott und Dingolfing. Das Projekt verfolgt darüber hinaus die digitale Vernetzung mit öffentlichen, gewerblichen und privaten Liegenschaften sowie die Verbindung von Forschung, Verbraucher, Systemanbieter, Netzbetreiber und Energieversorger.

So werden die Kommunen Bad Füssing, Ruhstorf a.d. Rott, Pocking und Bad Birnbach ebenso eingebunden wie der Ziegelhersteller Leipfinger Bader. Dies in Kooperation mit der Wolf GmbH, Systemanbieter für Heiz-, Klima- und Lüftungstechnik, Hofmann Planung und Entwicklung GmbH (HPE) sowie der Selhoff GmbH, Planungs- und Beratungsgesellschaft für Ingenieur- und Architekturleistungen. So soll die effiziente Steuerung und Prognose des Energiebedarfs-und von Erzeugungssystemen unter Einbindung von Wetterprognosen möglich werden. Dies durch Sektorenkopplung von Komponenten (Strom, Wärme, Kühlbedarf und Überschuss) mit Hilfe von Smart Metern sowie Gebäudeautomation.

Im Energiemanagementsystem werden verschiedene Liegenschaften anwenderfreundlich visualisiert, um regenerative Energien je nach Verfügbarkeit und dem jeweiligen Verbrauch optimal nutzen zu können. „Wir haben gezielt große Verbraucher ausgesucht, um viel Energie bei hohen Verbräuchen einsparen zu können“, wie Prof. Dr. Hehenberger-Risse erläuterte. 

Versorgung der Hochschule zu 100 Prozent aus regenerativer Energie

An der Hochschule wurde durch das Projekt bereits einiges bewegt. Beispielsweise hätten Mess-Auswertungen gezeigt, dass die gewünschte Raumtemperatur von 20 Grad beim Heizen häufig überschritten, beim Kühlen (in Server-und PC-Räumen) häufig unterschritten wurde. Durch die saubere Konfigurierung des Regelkreises und eine bedarfsgeführte Regelung konnte die Energienutzung ohne viel manuellem Aufwand optimiert werden. Bei der Analyse der Gebäudestruktur, von Laboren, PC-Räumen und Hörsälen, wurde ein großer Anteil an sonstigen Verbrauchern festgestellt, die Installation von weiteren Zählern soll hier weitere Analysen ermöglichen. Ein wichtiger Punkt sei auch ein Stromlastmanagement, denn auch durch das Vermeiden von Lastspitzen könnten Kosten eingespart werden.

Am TZ Energie werden auch Daten aus Stromspeicher, BHKW und bidirektionaler Ladesäule im Abgleich mit der Wetterlage in das System einfließen. Der Energieanbieter der Hochschule sei bereits gewechselt, wodurch die Hochschule im Bereich Wärme und Stromversorgung zu 100 Prozent aus regenerativen Energieträgern versorgt wird. Darüber hinaus wurde aktuell die Förderung einer PV-Anlage zur Eigenstromerzeugung in Höhe von 140.000 € vom Ministerium genehmigt.

Beim entwickelten Energiemanagementsystem laute das Ziel, relevante Daten zu analysieren, um Energiebedarf und -angebot optimal aufeinander abstimmen und Betriebsabläufe etc. verändern und Einsparpotenziale nutzen zu können. Das System sei als skalierbare Lösung aufgebaut, nach oben unbegrenzt und könne von ganz unterschiedlichen Partnern genutzt werden. Gerade für Stromanbieter sei es wichtig, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um für verschiedene Anwendung optimale Energielösungen zu finden.

Forschung und Lehre wirken zusammen

Prof. Dr. Hehenberger-Risse betonte, dass neben den Kooperationspartnern die Studierenden der Hochschule im Projekt eine grundlegende Unterstützung seien. Sie hätten über Studierendenprojekte und das Einbringen von eigenen Ideen viel beigetragen. Das Projekt sei ein gutes Beispiel, wie man Forschung und Lehre an der Hochschule Landshut zusammenbringen kann, wie auch Prof. Dr. Markus Jautze, Dekan Fakultät Maschinenbau, betonte. Er stellte den neue Bachelor-Studiengang „Systems Engineering und technisches Management“ vor, der Ingenieurdisziplinen mit globalen Managementthemen verbindet und eine hervorragende Möglichkeit für Studierende bietet, sich u.a. im Bereich der Energietechnik zu qualifizieren. Die anschließende lebhafte Fragerunde zeigte das große Interesse der Teilnehmer*innen, moderiert wurde sie von Prof. Dr. Josef Hofmann.

Die nächste und abschließende Online-Veranstaltung der Landshuter Energiegespräche im Sommersemester 2020 findet am Montag, 6. Juli 2020, 18:30 Uhr - 19:30 Uhr statt: Prof. Dr. Alfons Haber (Forschungsschwerpunkt Energie der Hochschule Landshut) wird sich mit "Krisenmanagement in Stromnetzen" befassen. Weitere Informationen und Anmeldung zur kostenfreien Teilnahme unter www.haw-landshut.de/la-energiegespraeche.

(pp)