Der Mensch als grundlegender Faktor für Innovation

Veranstaltung beleuchtet Spannungsfeld Prozess und Mensch

Den Menschen und sein Verhalten stellte die jüngste Veranstaltung der Reihe Technologie- und Innovationsmanagement der Hochschule Landshut in den Mittelpunkt. Dies sowohl beim Auffinden von neuen Produktideen bzw. Wertströmen als auch beim Umsetzen des Lean-Gedankens in Unternehmen. Unter dem Titel „Im Spannungsfeld von Prozess und Mensch“ boten Prof. Dr. Burkard Wördenweber sowie Arnd D. Kaiser den rund 120 interessierten Teilnehmern „Best Practice“ und Handlungsempfehlungen.

Hochschulpräsident Prof. Dr. Stoffel betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung von Themen wie Qualitäts- und Innovationsmanagement, die auch in den Studienangeboten der Hochschule Landshut fest verankert sind. Auch die Hochschule habe im Zuge des starken Zuwachses an Studierenden ihre Prozesse optimiert, was für den nachhaltigen Erfolg von großer Bedeutung sei.

Die große Resonanz der Veranstaltung zeigte, dass auch Unternehmen dem Thema einen hohen Stellenwert beimessen. Für ein funktionierendes Innovationsmanagement seien klare Prozesse wichtig, der Mensch spiele aber gerade dann eine wichtige Rolle, wenn er von diesen abweicht und zum Optimieren dieser beiträgt, wie der wissenschaftliche Leiter der Veranstaltung, Prof. Dr. Markus Schmitt, in seiner Themeneinführung ausführt. Dieses Spannungsfeld zwischen Prozess und Mensch zu beleuchten, war Ziel der Veranstaltung, die vom Institut für technologiebasierte Zusammenarbeit (Leichtbau-Cluster, Cluster Mikrosystemtechnik, Netzwerk Medizintechnik) der Hochschule Landshut und in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Qualität DGQ sowie der neu gegründeten Regionalgruppe Ost-/Niederbayern des VWI durchgeführt wurde.

Innovation am „latenten“ Kundenwunsch ausrichten

Wie Unternehmen durch gezielte Verhaltensorientierung innerhalb kurzer Zeit neue Wertströme zwischen sich und dem Markt aufspüren können, zeigte Prof. Dr. Burkard Wördenweber (Uni Paderborn/Phasix Gesellschaft für Innovation, Lippstadt) in seinem Vortrag. Wertströme umfassen alle Aktivitäten, die notwendig sind, um ein Produkt beziehungsweise eine Dienstleistung herzustellen und anzubieten. Neue Wertströme zu kreieren hieße, neue  Bündel von Alleinstellungsmerkmalen zu entwickeln.  Dazu gehört insbesondere die Frage, welchen Wert das Unternehmen dem Kunden liefern kann.

Gerade das Generieren von neuen Wertströmen erfolge häufig von der Technikseite aus: technische Neuentwicklungen schaffen neue Möglichkeiten und Funktionen, die man in neue Produkte umsetzen will.  Um ein effektives Innovationsmanagement zu betreiben, sei ein Umdenken nötig, in den Vordergrund müssten „latente Nutzererwartungen“ rücken, die es zu entdecken gelte. „Der Umsatz von Morgen entsteht durch Kundenwert von Morgen“, ist Prof. Dr. Wördenweber überzeugt. Und um diesen Nutzwert zu finden, sei es nötig, viele Kunden und sich dahinter verbergende latente Kunden zu befragen. „Der Prozess des systematischen (Er)findens führt  von den latenten Kunden, über ihre Bedürfnisse hin zu Nischen und potentiellen Alleinstellungsmerkmalen“ fasst er  zusammen. So habe man z.B. den von Kindern geäußerten Wunsch nach einer Innenbeleuchtung im KfZ während der Fahrt bei LED-Herstellern erkannt und den Fahrer nicht störende Lichtkonzepte entwickelt. 

Wertströme würden neue Korridore öffnen, „oft ist es eine harte Aufgabe sich von alten Erfolgsmustern zu lösen, um Innovationen umsetzen zu können,“ erläutert Prof. Dr. Wördenweber. Dabei spiele der Mensch im Unternehmen eine grundlegende Rolle: Nur wenn Mitarbeiter Spaß an der Innovation hätten, sich als Innovator fühlen könnten, würden neue Ideen entstehen, die umgesetzt werden können.

Zentrale Rolle des Menschen für Business Exzellenz

Auch bei der nachhaltigen Einführung des Lean-Managements steht der Mensch im Mittelpunkt, wie Dipl.-Ing. (FH) Arnd D. Kaiser in seinem energiegeladenen Vortrag ausführte. Wichtige Grundvoraussetzung seien „gelebten weiche Faktoren“ wie Notwendigkeit, Akzeptanz, Ganzheitlichkeit und Kultur, die den schlanken Entwicklungs- und Produktionsprozess begleiten, nachhaltig gestalten und somit beschleunigen. Dabei sei Lean-Management für alle Unternehmen unabhängig von Größe und Branche einsetzbar, es  habe keinen Anfang und kein Ende. „Doch nur drei Prozent der Unternehmen setzen den Lean-Gedanken konsequent und vor allem nachhaltig um“, so Kaiser.

Der Lean-Experte, der selbst über langjährige praktische Erfahrungen bei der Umsetzung der Lean-Philosophie in Unternehmen auf mehreren Kontinenten verfügt, zeigte, dass auch hier von grundlegender Bedeutung ist, den Menschen bzw. die Mitarbeiter mitzunehmen, um eine nachhaltige „Geschäfts-Exzellenz“ erreichen zu können.  Wichtige Erfolgsfaktoren seien u.a., dass die Unternehmensleitung und das gesamte Management die Einführung und Umsetzung wirklich wollen und dass die Mitarbeiter von Anfang an integriert werden. Es müsse eine Lean-Kultur entstehen, beginnend bei der Denke, die zu veränderten Prozessen und dadurch zu verbesserten Ergebnissen führen. „Sie haben bei der Einführung nur einen Schuss“ warnt Kaiser. Eine Entlassung von Mitarbeitern im Rahmen des Lean-Ansatzes sei beispielsweise das falsche Signal an die Belegschaft, die dem Lean-Gedanke gegenüber positiv eingestellt sein und ihn leben müssten.

Lean-Gedanke muss von allen gelebt werden

In seinen Kernbotschaften für die Einführung des Lean-Gedankens betont er u.a., dass alle Beteiligten die Vision kennen und sich dafür einsetzen müssen. Dabei sei von Managementseite die wichtigste Voraussetzung ein klares „ich will“ sowie der Entschluss anzufangen. Um Lean auch im Tagesgeschäft umzusetzen, sei eine ständige Kommunikation mit dem Ziel der Verbesserung nötig. Als zentrales  Werkzeug sieht er einen täglichen „Führungskräfte Takt“ an. Führungskräfte treffen sich täglich zur selben Zeiten mit ihren Mitarbeitern, tauschen sich kurz beispielsweise in der Fertigung über Ziele, Fehler, Verbesserungsmöglichkeiten, Probleme und deren Lösungen aus, die an sog. Prozesstafeln dokumentiert werden. Dies führe auch zu einer Schärfung der Wahrnehmung bei den Führungskräften.

Insgesamt seien Standards zwar wichtig für die Verbesserung von Prozessen, allerdings nur relevante Standards. Auch müssten diese ständig gepflegt, gelebt sowie verbessert und nicht, wie in Deutschland üblich, als „in Stein gehauen“ betrachtet werden. Er vergleicht die tägliche Umsetzung des Lean-Gedankens mit einem Gummiband, an dem die Vision als Kraft nach oben wirkt, die von der Alltagsrealität nach unten gezogen wird. Auf dem Weg zur Business Excellence müsse man immer Wert darauf legen, diese nach unten wirkende Kraft nicht die Oberhand gewinnen zu lassen.

Die beiden Referenten haben ihre Präsentationen freundlicher Weise zur Verfügung gestellt, Sie können Sie im Download-Bereich der Veranstaltung herunterladen.