Leichtbau als Schwerpunkt beim BondexpoKongress

Große Resonanz bei vom Leichtbau-Cluster organisierten drei Sessions rund um Leichtbau, Kleben, Additive Fertigung und Multi Material Design

Mit der klaren und konsequenten Ausrichtung auf die Prozesskette Fügen/Verbinden durch Kleben, Vergießen, Dichten und Schäumen hat sich die Fachmesse Bondexpo in den vergangenen 10 Jahren erfolgreich etabliert. Vom 10. - 13. Oktober 2016 fand sie erneut auf dem Messegelände Stuttgart statt. Im erstmals parallel ausgerichteten BondexpoKongress erhielten die Besucher zu den Schwerpunktthemen, Klebtechnik, Additive Fertigung und Multi Material Design aktuelle Fachinformationen aus Anwendung und Forschung. In Kooperation mit dem Ostbayerischen Technologie-Transfer-Institut e.V., der ISGATEC GmbH sowie dem Leichtbau-Cluster der Hochschule Landshut organisierte der Messeveranstalter Schall den thematisch vielschichtigen viertägigen Fachkongress.

Unter der Leitung des Leichtbau-Clusters stellten am Mittwoch und Donnerstag ausgewählte und erfahrene Referenten ihre Innovationen und anwendungsbezogenen Technologielösungen einem interessierten Fachpublikum vor. Die drei Themenblöcke „Leichtbau durch Anwendung moderner Klebtechnologien“, „Leichtbaustrukturen in Multi Material Design“ sowie „Additive Fertigungsverfahren für den industriellen Leichtbau“ wurden durch Marc Bicker (Manager Leichtbau-Cluster), Dr. Wolfgang Seeliger (Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg) sowie Professor Dr. Jörg Wellnitz (Technische Hochschule Ingolstadt), moderiert und fachlich begleitet.

Wachsendes Potenzial der Klebtechnologien für den Leichtbau

Wie die Schlüsseltechnologie Leichtbau und die Klebtechnologien optimal zusammenspielen, war Thema der Vortragssession „Leichtbau durch Anwendung moderner Klebtechnologien“. Dr. Erik Meiß (Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen) zeigte das breite Anwendungsgebiet für die Klebtechnik, die insbesondere für den Bereich Leichtbau weiter von wachsender Bedeutung ist und neue Anwendungen und Potenziale ermöglicht. Dies insbesondere deshalb, weil die Anforderungen an Produkte aus technologischer, ökonomischer und ökologischer Sicht stetig steigen und hierdurch immer neue Materialien entwickelt und miteinander zu einer Multi-Material-Konstruktion verbunden werden müssen. Bei einer Klebverbindung sind auftretende Spannungen flächig verteilt, so dass bei gleicher Belastung dünnere Fügeteile im Vergleich zu anderen Verbindungstechniken verwendet werden können.

Möglichkeiten der Qualitätssicherung von Klebe- und Verbindungstechniken zeigte Robert Holzer (Research Center for Non-Destructive Testing RECENDT, Linz). Eine zerstörungsfreie Prüfung oder auch Non-Destructive Testing NDT genannt, eröffnet in den unterschiedlichsten Branchen Möglichkeiten zur Absicherung der Qualität, zur Optimierung der Prozesse und zur Entwicklung bzw. Charakterisierung neuer Materialien und Bearbeitungsmethoden, dies im Besonderen innerhalb der Klebe- und Verbindungstechnik. An unterschiedlichsten Stellen im Fertigungsprozess können diverse NDT-Technologien auf verschiedenste Arten Nutzen stiften. Holzer stellte einige in der Unternehmenspraxis noch nicht allgegenwärtige Techniken vor, wie zum Beispiel die Laser-Ultraschall-Prüfung LUS, die Optische Kohärenztomographie OCT sowie die Terahertz- (THz), Infrarot- (IR) und Raman-Spektroskopie. Im Anschluss wurden mit dem Fachpublikum die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten praxisbezogen diskutiert.

Leichtbau durch Multi Material Design

„Leichtbaustrukturen in Multi Material Design“ lautete der Titel der zweiten Session. In einem Multi Material Design wird für jedes einzelne Bauteil das am besten geeignete Material verwendet. Ausschlaggebend sind unter anderem das Gewicht, die Funktion, die Herstellbarkeit sowie die Kosten des Gesamtsystems. Ein ideales Multi Material Design stellte Paul Becker (Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt) am Beispiel einer Leichtbauhinterachse in Metall-Faserverbundbauweise vor. Das Institut entwickelte eine hybride Leichtbauhinterachse für ein Elektrofahrzeug mit deutlich reduziertem Gewicht. Verglichen mit dem herkömmlichen Metall-Design konnten die Wissenschaftler das Achsgewicht um 37 Prozent senken und damit den Energieverbrauch reduzieren. Darüber hinaus sehen die Forscher bei der Substituierung von Metallbauteilen durch Faserverbundmaterialien die Möglichkeit, mit einer geschickten Auswahl der Faser-Matrix-Eigenschaften die Steifigkeit der Struktur und damit die Fahrdynamik positiv zu beeinflussen.

Leichtbau bedeutet aber auch den minimierten und spezifischen Einsatz von Material innerhalb eines Bauteils. Schädigungen in seiner Struktur, die innerhalb des Nutzungszeitraumes auftreten, frühzeitig zu erkennen, hat das so genannte Structural Health Monitoring zum Ziel, welches von Professor Dr. Jörg Wellnitz (Technische Hochschule Ingolstadt, ITD GmbH, Ingolstadt) vorgestellt wurde. Alterungsprozesse, Umwelteinflüsse und auch unvorhersehbare Ereignisse wie Erdbeben, Windböen, Schlaglöcher, Vogelschlag etc. können Strukturen schädigen und dadurch gefährdend in der Wirkung sein. Das Structural Health Monitoring analysiert mittels Sensorik den momentanen Zustand von Leichtbaustrukturen, um Veränderungen am Bauteil und/oder System frühzeitig zu erkennen. Bei einer Schadensdetektion können Maßnahmen für eine notwendige Reparatur oder Bauteilaustausch frühzeitig eingeleitet werden, um ein Komplettversagen des Systems zu verhindern und Folgekosten zu vermeiden.

3D-Druck auf dem Weg in die industrielle Fertigung

Fachvorträge zum Thema „Additive Fertigungsverfahren für den industriellen Leichtbau“ bot die dritte Session. Während in der Vergangenheit die generativen Fertigungsverfahren hauptsächlich zur Herstellung von Prototypen, Erprobungs- und Anschauungsmustern verwendet wurden, wächst der Anspruch, auch funktionale Bauteile auf Anhieb, ohne hohe Werkzeugkosten, erstellen zu können, so Professor Dr. Jörg Wellnitz, Moderator der Session. Hier bieten die additiven Fertigungstechnologien Potenziale und Möglichkeiten in der Fertigung, die erst durch die 3D-Druckverfahren ausgeschöpft werden können. Die optimierte Fertigung von additiv gefertigten Bauteilen unter Einsatz der 3D-Computertomographie zeigte Stefan Hachtel (F. & G. Hachtel GmbH & Co. KG, Aalen). Mithilfe der industriellen Computertomographie kann eine Optimierungskette zur Herstellung von maßhaltigen und funktionalen Bauteilen im additiven Fertigungsverfahren implementiert werden. Prozess- und Bauteilsicherheit - auch bei konstruktiv in der Folge hochbelasteter Strukturen - wird ermöglicht. Des Weiteren zeigte der Referent die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen neuer additiver Fertigungsverfahren bei der Verwendung von Originalmaterialien im Vergleich zur klassischen Musterwerkzeugtechnologie auf.

Eine Bauteilentwicklung eines additiv gefertigten Bauteils auf Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM) zeigte Timo Frambach von der Firma CADFEM GmbH. Sie erlaubt nicht nur eine Abschätzung prozessbedingter Einflüsse, beispielsweise Eigenspannungen und Verzug und eine Vorhersage über das strukturelle Bauteilverhalten, sondern ermöglicht es auch, durch Topologieoptimierung die günstige Grundgestalt (Topologie) im Hinblick auf die zu erwartende mechanische Beanspruchung zu ermitteln. Frambach stellte anhand des Einsatzes einer Software den geschlossen Prozess vom Ergebnis der Topologieoptimierung zur CAD-Geometrie, bis hin zur mechanischen Auslegung und Bereitstellung der benötigen CAD-Daten für den 3D-Druck vor. Darüber hinaus zeigte er Simulationsmöglichkeiten anhand ausgewählter Beispiele aus der Praxis.

Kombiniert man die Vorteile von metallischem 3D-Druck mit neuartigen Materialien, so lassen sich die Möglichkeiten für komplexe Bauteile wesentlich ausweiten, so Daniel Schneider (APWorks GmbH, Freudenberg) in seinem Vortrag. Dies beschreibt die Zielsetzung bei der eigens von APWorks und Airbus entwickelten hochperformanten Aluminiumlegierung. Diese sei korrosionsbeständig und vereint das geringe Gewicht von Aluminium mit nahezu der spezifischen Festigkeit von Titan. Eine sehr hohe Zähigkeit sei ein weiterer Vorteil der Legierung, was insbesondere für sicherheitskritische Anwendungen von Vorteil ist. Was mit der additiven Fertigung alles möglich ist, zeigte der Referent abschließend am Projekt „Light Rider“. Das fahrfertige Motorrad wiegt 35 kg, wovon der additiv gefertigte Aluminiumrahmen gerade einmal 6 kg ausmacht, 30 Prozent weniger als andere Elektromotorräder dieser Klasse. Ein Paradebeispiel für den Leichtbau.