3D-Metalldruck vereinfachen und "sinnvoll" bei Bauteilen anwenden

Praxisforum an der Hochschule Landshut zeigte großes Potenzial 3D-Metalldrucks durch Bauteiloptimierung und neue Entwicklungen.

Von additiven Fertigungsverfahren verspricht sich die Industrie gerade im Bereich des Metalldrucks ein hohes Potenzial, „3D-Metalldruck – von der Bauteiloptimierung zum fertigen Produkt“ lautete deshalb das Thema des mittlerweile 6. Praxisforums 3D-Druck an der Hochschule Landshut am 22. Oktober 2019. Bei seiner Begrüßung der rund 60 Experten/innen betonte Hochschulpräsident Karl Stoffel die Bedeutung des Themas, das gerade in Verbindung mit der Topologieoptimierung im Leichtbau, der an der Hochschule Landshut traditionell einen hohen Stellenwert einnehme. eine wichtige Rolle.

Der Druck von Metallen nimmt mittlerweile einen großen Raum innerhalb der Additiven Fertigung ein, gerade in diesem Bereich seien, insbesondere auf Pulverbettbasis, einige neue Verfahren entwickelt worden, wie Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Norbert Babel bei seiner Themeneinführung erklärte. Pulverbettbasierte Verfahren wie z.B. SLM (Selektives Laserschmelzen) oder EBM (Elektronenstrahlschmelzen) ermöglichen zwar filigranere Strukturen, es seien aber aufgrund des feinen Pulvers hohe Sicherheitsvorkehrungen beim Entstützen der Teile zu beachten. Neuere additive Verfahren, die auf dem Metallpulverspritzgießen (MIM, Metal Injection Moulding) bzw. dem Pulverspritzgießen (PIM, Powder Injection Moulding) basieren und bei denen der Spritzgießprozess durch ein dem Fused Deposition Modelling (FDM) verwandten Verfahren ersetzt wird, seien sauberer, würden allerdings einen höheren Nachbearbeitungsaufwand erfordern. Um das Leichtbaupotenzial der Technologien nutzen zu können, sei die Optimierung sowohl der Topologie, welche die äußere Bauteilgestallt aufgrund des Kraftflusses bestimmt, als auch der Einsatz von Lattice-Elementen, welche die innere Struktur der Bauteile betrifft, von grundlegender Bedeutung.

Das große Potenzial der Additiven Fertigung einem weiteren Kreis, vor allem auch kleinerer Unternehmen nutzbar zu machen, laute das Ziel der bayerischen Koordinierungsstelle für Additive Fertigung, wie Dr. Tobias Zehnder (bayern innovativ GmbH, Nürnberg) erklärte. Er stellte staatliche Förderprogramme, wie z.B. das mit EU-Mitteln geförderte Programm „Additive Fertigung für KMU“ oder den bayerischen Aufruf „Industrieller 3D-Druck“ vor und präsentierte die im Aufbau befindliche Landkarte Additive Fertigung in Bayern, die 3D-Kompenzen von Wissenschaft und Unternehmen transparenter machen will.

Metall-3D-Druck vereinfachen

Die 3D-Technologien leichter für jedermann zugänglich machen, will der Softwareanbieter Altair Engineering, Böblingen, wie Jan Grasmannsdorf in seinem Vortrag erklärte. Dabei wachse die Additive Fertigung und Topologieoptimierung immer mehr zusammen, dies u.a. weil eine hohe Komplexität ohne Mehrkosten und Funktionsintegration möglich sei. Gerade im Maschinenbau sieht er ein hohes Potenzial für innovative Lösungen durch den frühzeitigen Einsatz von Simulationswerkzeugen zur Entwicklung von Geometrien mit Hilfe der Topologieoptimierung. Dabei sei es wichtig, einen Mehrwert zu schaffen, durch den der Einsatz von Additiver Fertigung auch wirtschaftlich Sinn mache. So sei es oft lohnend, nur einzelne Bereiche eines Bauteils oder Produktes additiv zu fertigen, wie er u.a. am Beispiel des „Robot Bike Fahrradrahmen“ zeigte. Hier würden unter Verwendung von Standard-CFK-Rohren die Verbindungsknoten mittels 3D-Druck gefertigt.

Auch die EDAG Engineering GmbH (Fulda) befasst sich in einem Forschungsprojekt mit dem Ansatz, 3D-Bauteile nicht mehr in einem Stück zu fertigen, sondern auf Hybridisierung zu setzen und den 3D-Druck von Metallteilen nur da anzuwenden, wo entsprechende Vorteile zu erzielen sind. Sebastian Flügel von EDAG stellte das Projekt vor, das sich einerseits mit Laserstrahlschmelzen LBM (Laser Beam Melting) und Alu-Druckguss sowie mit Alu-Druckguss in Kombination mit dem Auftragschweißen per LMD (Laser Metal Deposition) befasst. Dabei zeigte er verschiedene erfolgreich durchgeführte Praxisbeispiele, vom Nebenaggregathalter über einen Wärmetauscher bis hin zu Motorstützen, bei denen eine auf den 3D-Druck ausgerichtete Geometrieanpassung zusätzliche Funktionen im Bauteil erlauben.

Intelligente LMD-Laser-Systeme anzubieten, die Prozesswissen in die Maschine bringen, den Programmieraufwand minimieren und es so einem Werker mit konventionellen Fertigungserfahrungen erlauben sollen, diese zu bedienen, laute der Ansatz von LUNOVU, wie Dr. Rainer Beccard erläuterte. Eine Besonderheit der Systeme sei ein direkt am Bearbeitungskopf angebrachter Linien-Scanner. Dieser könne die Topologie unbekannter 3D-Objekte, auf die Schichten aufgebracht werden sollen, inline erfassen. Dies sei die Basis für die Berechnung von aufzubringenden Geometrien, der automatischen Planung der Bahnen und des LMD-Prozesses. Auch ein Vergleich von Modell und gedruckten Objekt sowie eine automatische Korrektur von Defizitvolumen werde dadurch möglich, zusätzlich sorge die Messung der Schmelzbadtemperatur und eine intelligente Temperaturregelung für eine optimale Umsetzung.

Einen unkomplizierten automatisierten Metall-3D-Druck, „der auch im Büro durchgeführt werden kann“, will der Hersteller Desktop Metal ermöglichen, erklärte Markus Brandl, encee CAD/CAM-Systeme & 3D Drucker GmbH (Kümmersbruck). Das US-Unternehmen habe eine 3D-Drucktechnologie entwickelt, bei der in Wachs gebundene Metallpulverpartikel Bauteile additiv aufbauen, die anschließend in einem Sinterofen zum Fertigteil gebrannt werden. Kern der Anlage sei allerdings eine ständig weiterentwickelte Software mit Datenbank, die automatisiert berechne, wie ein Bauteil am besten gedruckt werden kann. Für das System sind aktuell zwei Edelstahllegierungen verfügbar, dreißig weitere Materialien seien in Entwicklung.

Neue Methoden und Topologieoptimierung

Mit der 3D-Multimaterialverarbeitung beim Laserstrahlschweißen im Pulverbett und den dadurch entstehenden Herausforderungen für Prozess- und Produktentwicklung befasste sich ein Vortrag von Dr. Georg Schlick, Fraunhofer-Einrichtung für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV in Augsburg. Die hohe Kunst bestehe darin, das richtige Material im dreidimensionalen Raum dort zu positionieren, wo es für die Funktion nötig sei. Gerade die Übergangsflächen zwischen zwei Werkstoffen, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Materialprozessparameter, gestalte sich schwierig. Auch der Prozess des Druckens und das Ablegen bzw. die Wiederaufbereitung von Restpulver seien wichtige Themen. Doch sei dies im Labor bereits gelungen und aktuell sei man auf der Suche nach Anwendungsfeldern in der Industrie.

Für den Metall-3D-Druck führte Urs Simmler GIA Informatik AG (CH Oftringen, CH) einige Anwendungsbeispiele zur Topologieoptimierung vor. Er bezeichnete die Topologieopti-mierungsroutinen als „Lochfraß“, bei dem unnötiges Material mit dem Ziel „weggefressen“ werde, Bauteile leichter zu machen. In seiner Live-Demo zeigte er, anhand der Software ProTOpCI von CEASS, den Ablauf von der Definition des Bauraums und der Lastfälle, über die Berechnung der auftretenden Spannungen und die Wahl der Optimierungsstrategie, bis hin zur Reduzierung der Masse.

Zum Abschluss der Veranstaltung beleuchtete Peter Wirtz, enders GmbH, Landshut, eine weitere innovative 3D-Druck-Technologie, die allerdings nicht den Metall-Druck betrifft: Das Drucken von Silikon, ein von enders zusammen mit der Wacker AG entwickeltes Verfahren. Silikon sei aktuell das einzige druckbare Elastomer. Neben vielen positiven Eigenschaften des Materials sei auch elektrisch leitfähiges Silikon verfügbar. Das neue Verfahren ermögliche viele Anwendungsfelder, vom Robotergreifer bis zur Aortaklappe, sowie den Druck von Sensoren oder Aktoren für den Elektronikbereich.

Aktuelle Informationen zur Veranstaltungsreihe unter www.haw-landshut.de/3d-druck.