Vom Klimawandel zur Gemeinwohl-Ökonomie

Hochschule Landshut veranstaltet im Audimax Tag der Nachhaltigkeit und setzt wichtige Impulse.

Rund 150 Interessierte, darunter viele Studierende, besuchten am Mittwoch den Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Landshut. Die Abendveranstaltung gliederte sich in zwei Teile: Während Christian Felber, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie, über sein alternatives Wirtschaftskonzept sprach, rückten Prof. Dr. Markus Schmitt und Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse von der Hochschule Landshut den Klimawandel im Allgemeinen sowie ein ressourceneffizientes Nachhaltigkeitsmanagement in den Fokus.

Welche Brisanz und Aktualität das Thema Nachhaltigkeit – nicht zuletzt auch wegen der „Fridays for Future“-Bewegung – habe, betonte Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel in seiner Begrüßung: „Als eine der regional wichtigsten Bildungseinrichtungen war es für uns deshalb selbstverständlich, diesen Tag der Nachhaltigkeit auszurichten.“ Über die Projekte, die an der Hochschule im Hinblick auf Nachhaltigkeit derzeit laufen, konnten sich die Besucherinnen und Besucher in Form einer Posterausstellung informieren.

Hochschule und Studierende gehen Hand in Hand

Stoffel lobte das Engagement der Landshuter Studierenden, die sich nicht nur in ihren Kursen sondern auch weit darüber hinaus mit nachhaltigen Lösungskonzepten beschäftigen. „Aktuell gibt es zum Beispiel eine Aktion, die auf den inflationären Gebrauch von Einwegbechern aufmerksam macht“, erklärte Stoffel. „Hier engagieren wir uns auch als Hochschule und sind deshalb gerade dabei, die Einführung eines Mehrweg-Kaffeebechers in die Wege zu leiten.“

Fakten zum Klimawandel

Mit Spannung erwartete das Publikum im Anschluss die drei Vorträge. Zum Nachdenken sollten dabei vor allem die Ausführungen von Prof. Schmitt anregen. Er sprach über den Klimawandel und was alle darüber wissen sollten. So stellte Schmitt die vier verschiedenen Treibhausgasarten vor und welche negative Auswirkungen das Kohlendioxid hat. Dieses bleibt rund 120 Jahre in der Atmosphäre. „Das bedeutet, dass wir sogar jetzt noch die Emissionen der Kaiserzeit spüren“, betonte Schmitt.

Schmitt beleuchtete in seinem Vortrag die CO2-Konzentration im Kontext der vergangenen rund 800.000 Jahre. Er zeigte in einer Grafik, dass es immer wieder einen Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten gegeben habe. Besorgniserregend seien aber die vergangenen rund 150 Jahre, da der Wert im Vergleich zu den Hunderttausenden von Jahren zuvor deutlich angestiegen sei. „Grund dafür ist vor allem die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die seit dem Übergang zur Industriegesellschaft unsere Produktions- und Verbrauchsmuster stark prägt“, so Schmitt.

Thematisiert wurden auch das Pariser Klimaabkommen und der darin festgelegte Wert eines Temperaturanstiegs von unter zwei Grad bis zum Jahr 2100. Um dies zu erreichen dürfen insgesamt nicht mehr als 800 Gigatonnen CO2 emittiert werden. Bei einem jährlichen Ausstoß von 40 Gigatonnen pro Jahr bedeutet das laut Schmitt, dass die Erdbevölkerung in 20 Jahren komplett emissionsfrei leben müsste. Es sei daher auch kein Wunder, dass die Jugend auf die Straßen gehe und skandiere, dass ihnen die Zukunft gestohlen werde, so Schmitt.

Mit einem lokalen Gedankenspiel beendete Schmitt seinen Vortrag: „Die Landshuter gehen regelmäßig über 500 Jahre in der Zeit zurück und feiern alle vier Jahre die Landshuter Hochzeit. Aber was feiern wir in 500 Jahren?“ Schmitts Wunsch: Dass die Menschheit den Klimawandel erfolgreich bezwungen hat. Es sei höchste Zeit zum Handeln.

Ressourceneffizientes Nachhaltigkeitsmanagement

Nach aktuellem Stand bräuchte die Erdbevölkerung eigentlich 3,2 Planeten an Ressourcen. Zumindest dann, wenn alle Menschen zum Beispiel Deutschland nachahmen würden. Um dies zu messen, gibt es den Earth Overshoot Day. Dieser gibt an, wann die Menschheit die Jahresressourcen verbraucht hat. 2019 wurde dieser Tag bereits am 29. Juli erreicht. Ein ressourcenschonenderes Leben sei daher so wichtig wie nie.

Das betonte auch Prof. Diana Hehenberger-Risse zu Beginn ihres Vortrags. Sie stellte vor, wie ein intelligentes Nachhaltigkeitsmanagement für Ressourceneffizienz am Beispiel von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen gelingen kann. Die Basis dafür sei der Plan-Do-Check-Act-Zyklus, der mit Hilfe einer Ist-Analyse ein Problem feststellt, in der zweiten Phase Maßnahmen festlegt, diese in der dritten Phase objektiv betrachtet und in einer finalen Phase – der Act-Phase – optimiert. Wird ein Ziel nicht erreicht, so muss der PDCA-Zyklus neu durchlaufen werden. An der Hochschule seien bereits wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen worden, so Hehenberger-Risse, zum Beispiel elektronische Handtrockner in den Toiletten. Dies führe zu einer enormen Einsparung an Papier.

Die Gemeinwohl-Ökonomie

Der zweite Teil des Nachhaltigkeitstags an der Hochschule stand ganz im Zeichen von Gastredner Christian Felber, der 2010 die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie ins Leben gerufen hat. Den Besuch Felbers ermöglichte die Regionalgruppe Landshut der Gemeinwohl-Ökonomie unter der Leitung von Dr. Georg Ohmayer und Rudi Fleischmann.

Felber eröffnete seinen Vortrag mit aktuellen Zahlen, so habe sich erst vergangene Woche bereits die 63. Regionalgruppe der Gemeinwohl-Ökonomie gegründet. Insgesamt unterstützen laut Felber rund 2.800 Unternehmen dieses alternative Wirtschaftskonzept. Knapp 600 davon hätten bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt.

Mit seiner Gemeinwohl-Ökonomie wolle er ein Wirtschaftsmodell bieten, das gleich weit vom Sozialismus wie vom Kapitalismus entfernt sei, betonte Felber. „Damit wollen wir mit der Gemeinwohl-Ökonomie im Grunde genommen nichts anderes erreichen, als in der Bayerischen Verfassung im Artikel 151 bereits fest verankert ist: ‚Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl…?.“ Mit dem aktuellen Wirtschaftsmodell sei dies jedoch nicht umzusetzen, da viel zu wenige Faktoren miteinbezogen werden würden.

Erfüllung aller menschlichen Bedürfnisse im Fokus

Die Gemeinwohl-Ökonomie hingegen orientiere sich am eigentlichen Zweck des Wirtschaftens – der Erfüllung aller menschlichen Bedürfnisse. Geld sei nur ein Mittel des Wirtschaftens, so Felber. Eine Wirtschaftsleistung in Geld zu messen, sage nichts darüber aus, ob das Gemeinwohl steigt oder sinkt. Felbers Idee ist daher, dass Unternehmen ihren Beitrag zum Gemeinwohl anhand des Gelingens ihrer Beziehungen zu Lieferantinnen und Lieferanten, Investorinnen und Investoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem gesellschaftlichen Umfeld bewerten: im Hinblick auf Werte wie Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung. Unternehmen sollen – analog zur Finanz-Bilanz – eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen, in der die Größe des Gemeinwohl-Beitrags in Punkten bewertet wird.

Die Auswirkungen der Gemeinwohl-Bilanz

„Anhand der Gemeinwohl-Bilanz können Konsumentinnen und Konsumenten erkennen, wie viel einzelne Unternehmen zum Gemeinwohl beitragen – und können beim Einkauf darauf achten“, erklärte Felber. „Zum Beispiel indem Sie das Produkt mit ihrem Smartphone scannen.“ Die Folge daraus wäre, so Felber, dass nachhaltige, faire, demokratische und kooperative Unternehmen plötzliche im Vorteil seien. Regionale Wirtschaftskreisläufe kämen in Schwung. Es entstünden menschenwürdige Arbeitsplätze und hochwertige Produkte und Dienstleistungen, während Umweltschäden und soziale Probleme zurückgingen.

Im Anschluss seines Vortrags stellte sich Christian Felber den Fragen des Publikums und stand auch für eine persönliche Diskussion zur Verfügung.

Fotos: Hochschule Landshut
(frei zur Verwendung bei Angabe der Quelle)