Unternehmenskultur entscheidend für internationale Innovationen

Veranstaltungsreihe an der Hochschule Landshut beleuchtet erfolgreiches Innovationsmanagement über Grenzen hinweg

Innovationen anzuregen und dann auch in marktfähige Produkte umzusetzen, stellt international agierende Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Um unterschiedliche Sprachen, Kulturen und Mentalitäten zu bündeln, brauchen Unternehmen eine einheitliche, innovationsfördernde Kultur mit klaren Strukturen. Dies erläuterte Dr. Rainer Guggenberger von 3M Oral Care im Rahmen des Veranstaltungsreihe „Technologie- und Innovationsmanagement“ den rund einhundert interessierten Teilnehmern an der Hochschule Landshut. Das Thema der Veranstaltung am 15. Oktober 2015 lautete „Best Practice: Innovationserfolg weltweit“. In einem weiteren Vortrag bot Prof. Dr. Richard Gale (Texas Tech University in Lubbock, Texas) Einblicke in die Entwicklung und erfolgreiche weltweite Vermarktung der Beamertechnologie durch Texas Instruments.

Ob nationale Technik-Anforderungen im Ausland oder weltweites Technologiescouting und Recruiting: International agierende Konzerne organisieren auch ihre Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen international, um im Innovationswettbewerb mitzuhalten. Dabei stellen sich Fragen der länder- und Kontinente übergreifenden Organisation von Projekten und des Innovationsmanagements, wie Prof. Dr. Markus Schmitt (Hochschule Landshut, wissenschaftlicher Leiter der Veranstaltungsreihe) in seiner Begrüßung das Thema umriss. Wie dies in der Praxis umsetzbar ist und dass der global agierende Technologiekonzern 3M nicht zufällig zu den weltweit innovativsten zählt, zeigte der Vortrag von Dr. Rainer Guggenberger, der als Corporate Scientist verantwortlich ist für Innovation, Technologie und neue Geschäftsfelder bei 3M Oral Care.

Technologische Entwicklungen im gesamten Konzern verfügbar

Innovationskraft bestehe aus den drei Faktoren Wissen, Können (Prozesse) und dem Wollen der Menschen. Nur wenn alle drei Faktoren zusammenspielen, sei man bereit für Innovation. Dabei betont Dr. Guggenberger die Bedeutung von technologischer Weiterentwicklung und von Investitionen in Forschung und Entwicklung. Das Unternehmen unterhalte aktuell 46 Technologie-Plattformen, in denen laufend Forschung betrieben werde. „Ein wichtiger Grundsatz ist dabei, dass die in den Research-Centern entwickelten Technologien allen gehören“, wie Guggenberger erklärt. So habe beispielsweise das Geschäftsfeld Dental von aktuellen Forschungserkenntnissen der Nanotechnologie profitiert, in die man früh viel Zeit und Geld investiert habe, und sei so zu einem der Weltmarktführer bei Zahnfüllungen geworden. Ein anderes Beispiel sind die für Overhead-Projektoren entwickelten Folien, die heute für Handy-Displays eingesetzt werden, weil sie durch erhöhte Lichtausbeute Energie sparen.
 
Angetrieben werde der Innovationskreislauf aber vom Menschen, dies durch seine Kreativität und die Umsetzung von Innovationen. Hierzu müssten die individuellen Stärken gefördert werden, ein Klima des Vertrauens und der Fehlertoleranz herrschen. Um den Mitarbeitern kreative Phasen zu ermöglichen, hätten diese bei 3M z.B. die Gelegenheit, sich fünfzehn Prozent ihrer Zeit mit frei wählbaren Themen zu beschäftigen und so neue Ideen zu verfolgen. Nach der kreativen Phase seien klare Regeln im Innovationsprozess gefragt, die weitere Entwicklung erfordere getaktete Prozesse und Disziplin. Dabei sieht er im internationalen Kontext vielfältige Unterschiede, und zwar von sich unterscheidenden Entscheidungsprozessen, Führungsphilosophien und Kommunikationsstilen bis hin zur individuellen Werteskala und Wohlfühlfaktoren sowie im Teamverhalten. Unterschiedliche Denkweisen könnten sich zwar auch befruchten, gerade im internationalen Kontext müsse aber ein Ausgleich der unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten durch eine gepflegte, einheitliche Unternehmenskultur erfolgen. Diese sowie organisatorische Strukturen seien Grundlage für ein erfolgreiches, den Globus umspannendes Innovationsmanagement.

Der lange Weg zum innovativen Produkt

Dass Unternehmen mitunter einen langen Atem brauchen, um technische Entwicklungen in erfolgreiche Produkte umzusetzen, zeigte Prof. Dr. Richard Gale in seinem Vortrag am Beispiel der „Digital Light Processing“ (DLP)-Projektor-Technologie von Texas Instruments. Das Unternehmen revolutionierte damit die Unterhaltungselektronik. Bereits in den siebziger Jahren begannen die Forschungsarbeiten, die zur Entwicklung des sog. „Digital Micromirror Device (DMD)“ im Jahre 1987 führten. Der Halbleiter, der nicht größer als ein Fingernagel ist, fungiert als Lichtschalter: Millionen mikroskopisch kleiner Spiegel bewegen sich bis zu 5000 Mal in der Sekunde und reflektieren Licht in Richtung Leinwand. Jeder Spiegel steht dabei für einen Bildpunkt. Eingehende Video- und Grafiksignale werden in digitalen Code umgewandelt, steuern die Stellung der Spiegel und so die Helligkeit der Bildpunkte. Durch ein Farbrad wird das Licht als gestochen scharfes Bild projiziert.

Diese Technologie war über 10 Jahre lang entwickelt worden, ohne wirklich eine Anwendung vor Augen zu haben. Doch die Rahmenbedingungen begünstigten Innovationen im Konzern, wie Gale ausführte. U.a. wegen der zunehmenden japanischen Konkurrenz im Halbleitermarkt sowie rückläufigen Umsätzen aus der Rüstungsindustrie war Texas Instruments auf der Suche nach neuen Märkten bzw. Geschäftsfeldern und offen für einen Strategiewechsel. Ein Nachkriegs-Babyboom in den USA hatte für eine einkommensstarke Zielgruppe gesorgt, die bereit war, Geld für Entertainment auszugeben. Erst nach dem Ineinandergreifen einer intensiven Analyse von Zielgruppen und Märkten sowie durch die Unterstützung der US-Gesetzgebung trat die DLP-Technik schließlich von den USA aus ihren Siegeszug rund um den Globus an. 

Die Veranstaltungsreihe „Technologie- und Innovationsmanagement“ wird vom Institut für technologiebasierte Zusammenarbeit der Hochschule Landshut in Kooperation mit der DGQ sowie der Regionalgruppe Ost-/Niederbayern des VWI durchgeführt. Darin beleuchten ausgewiesene Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft unterschiedliche Aspekte dieses komplexen Themas. Wert legen wir darauf, Ihnen "Best Practice" zu bieten, Ihnen Handlungsempfehlungen und Anregungen für weitere Diskussionen zu geben. Weitere Informationen unter www.haw-landshut.de/itz.