TZE-Forschung liefert Beitrag zur E-Mobility-Verkehrswende

Vortrag im Rahmen der Landshuter Energiegespräche stellte die Bedeutung von Batteriespeichern für die E-Mobility und die Netzsicherheit in den Fokus.

Der zweite Vortrag der Landshuter Energiegespräche der Hochschule Landshut befasste sich mit dem Laden in der E-Mobilität und den Auswirkungen auf die Netzstabilität. Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger (wissenschaftlicher Leiter TZ Energie) referierte am 25. April 2022 über die Technik des Ladens und des Schnellladens sowie von Batterien und zeigte Herausforderungen aber auch Möglichkeiten des netzdienlichen Einsatzes unter Einbindung der Batterien von E-Fahrzeugen zum bidirektionalen Laden. Mit diesem „Vehicle to Home“ genannten Ansatz befasste sich auch der zweite Vortrag: Barbara Poisl (wissenschaftliche Mitarbeiterin im TZ Energie) stellte das Forschungsprojekt „Open Mobility Electric Infrastructure (OMEI)“ vor. Bei diesem wird untersucht, wie nachhaltige und netzschonende Ladeinfrastrukturen unter Einbindung von mehr regional erzeugter erneuerbarer Energie realisiert werden kann.

Rund 20 Teilnehmer/innen besuchten die Veranstaltung mit dem Thema „Laden und Schnellladen in der E-Mobilität - Quo vadis Netzstabilität?“ am Technologiezentrum Energie der Hochschule Landshut und hatten im Vorfeld die Gelegenheit genutzt, das TZE und seine Labore zu besichtigen. Knapp 100 weitere Teilnehmer/innen waren online zugeschaltet. Das TZE sei der ideale Veranstaltungsort, wenn es um Themen nachhaltige Energie- und Batterieforschung gehe, wie Hochschulvizepräsident Prof. Dr. Markus Jautze in seiner Begrüßung hervorhob. Auch Prof. Dr. Josef Hofmann, Initiator der Veranstaltungsreihe freute sich, endlich wieder eine Veranstaltung vor Publikum in Ruhstorf a.d. Rott durchführen zu können. Er betonte, neben der Ladeinfrastruktur laute eine wichtige Frage, was mit dem Stromnetz passiere, wenn die E-Mobilität massiv ausgebaut werde. Wie stabil bleibt das Stromnetz, wenn wir gleichzeitig von kontinuierlich laufenden Kraftwerken auf regenerative Quellen wie Wind- und Solarenergie umsteigen.

Speicher als wichtiges Element für die Netzstabilität

In seinem Vortrag erläuterte Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger die Technologie beim Laden im Bereich der E-Mobility, von Batteriespeichern, den netzdienlichen Einsatz von Speichern und mögliche Geschäftsmodelle und die Vorteile des Vehicle to Home-Konzeptes. Um lange Wartezeiten durch langsames Laden von E-Fahrzeugen zu vermeiden, sei das Schnelladen besonders für Ladepunkte im öffentlichen Verkehr und im öffentlichen Raum eine wichtige Forderung an die E-Mobilität. Im privaten und halbprivaten Bereich habe auch „langsames Laden“ seine Berechtigung. Die Ladeleistung liege beim elektrischen Laden aber etwa um den Faktor 1000 niedriger als beim petrochemischen Tanken, bei dem der der Kraftstoff auch als Energiespeicher diene. Dafür könne Strom Im Leitungsnetz mit Lichtgeschwindigkeit transportiert werden. Das Schnellladen beginne bei Wechselstrom (AC) mit 22-43 KW, bei Gleichstrom (DC) sei Laden bis 150 kW möglich. Künftig sollen laut Prof. Dr. Pettinger mit „Ultra DC-Laden“ bis zu 750 KW möglich werden. Für hohe Ladegeschwindigkeiten sei auch die Machart von Steckern und Ladestationen grundlegend, besonders Powerline (Gleichstrom) biete hier im Vergleich zur Pulsweitenmodulation (Wechselstrom) Vorteile im Bereich der Leistung, zusätzlich können Daten z.B. zur Temperatur beim Ladevorgang übertragen werden, ein wichtiger Sicherheitsaspekt. Bei High Power Charging-Ladesäule sein zusätzlich eine Kühlung erforderlich, da sonst die Ladeleistung durch Wärme in Stecker begrenzt sei.

Die Speicherung von Energie über Batteriespeicher könne durch die Leistungsbereitstellung einen wertvollen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Dies einmal bei der Wirklast aber auch für die Blindlast (durch Magnetfeld und Drehstromabnehmer bedingt), die zwar nicht genutzt, aber bereitgestellt und auch bezahlt werden müsse. Zusätzlich könnten Batterien auch die Schwarzstartfähigkeit (das wiederhochfahren des Systems nach einem Blackout) erhöhen. Die Netzstabilität werde anhand von 2 Faktoren abgelesen: Einmal über die Netzfrequenz, die bei 50 Herz liegen soll, und deren Schwankung. Steigt die Frequenz sei Überschuss vorhanden, sinkt sie, wird mehr Strom entnommen als zugeführt werden kann. Ein zweiter Indikator ist die Spannungshaltung von 230 Volt.

Für das Puffern von Leistung spielen Speicher eine wichtige Rolle. Heimspeicher seien als Beispiel in der Größenordnung von 10,2 kWh konzipiert, am TZE habe man einen 150 kWh Lithium-Eisenphosphat Speicher, bestehende Großspeicher böten 5 mWh und mehr Leistung zur Netzpufferung. Dabei könne man neben der Lithium-Ionen-Technik Großspeicher auch mit der Redox-Flow-Technologie realisieren, die die Energie-Ernte einer Windkraftanlage von 10 Stunden speichern könne.

Besonderes Potenzial biete der Vehicle to Home (V2H)-Ansatz auf der Ebene des Privathauses: eine PV-Anlage speist Strom in den Hausspeicher und/oder den Batteriespeicher des E-Autos, die Energie werde im Haus (AC) oder im Fahrzeug (Wallbox mit DC) genutzt, zusätzlich könne Energie über den Anschluss an einen Netzbetreiber abgegeben oder bezogen werden. Als Gehirn fungiert ein programmierbarer Smart Home Energy-Manager, die Kosten für einen solchen belaufen sich laut Prof. Pettinger auf rund 600- 800 Euro, der die Energienutzung im Haus je nach Nutzung regelt.

„Die aktuelle Entwicklung der Speicherpreise spricht klar für die Verwendung der Automobilspeicher“ betont Prof. Dr. Pettinger, dies würden den stationären Speichern große Konkurrenz machen. Allerdings müsse dafür die Batterie des Fahrzeugs für bidirektionales Laden freigegeben sein, diese Option sei technisch leicht umsetzbar, die meisten Automobilhersteller würden diese jedoch aus Gewährleistungsgründen bisher sperren. Auch böten sich über die Netzdienlichkeit Verdienstmöglichkeit für die Fahrzeugbesitzer. Da das Schnellladen unterwegs oft viel Geld koste, z.B. 90 Cent pro KWh, sei Vehicle to home ein „Wertveredelungsmodell, Wertschöpfung pur und eine Batterie auf 4 Rädern absolut sinnvoll“. Auch für Fahrzeughersteller könnte es ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell darstellen, wenn sie zusätzlich zum Fahrzeug eine zertifizierte Wallbox mit bidirektionaler Lademöglichkeit liefern. Ebenfalls sei die Anbindung von Fahrzeugspeichern ans öffentliche Netz über „Vehicle to grid“ technisch machbar, es müssten aber noch regulatorische Hürden gemeistert und steuerrechtliche Probleme abgebaut werden.  

Strategien für eine nachhaltige Energieversorgung im Verkehrsbereich entwickeln

Im zweiten Vortrag des Abends stellte Barbara Poisl (TZE) das Forschungsprojekt Open Mobility Electric Infrastructure (OMEI) vor, in dem die Motivation laute, ein Teil der Verkehrswende zu sein, um die Herausforderung einew CO2-neutralen Verkehrs zu schaffen. Hierzu sei auch der der Ausbau des öffentlichen Personen Nahverkehrs ein wichtiger Faktor, um Verkehr vermeiden zu können. Besonders im ländlichen Bereich stelle dies eine schwierige Herausforderung dar. Auch die Umstellung von Benzin und Diesel auf E-Mobilität und E-Fuels aus erneuerbarem Strom sei eine wichtige Option, habe aber auch enorme Auswirkungen auf den Stromverbrauch. Während 2020 ein Viertel über Erneuerbaren Strom abgedeckt worden sei, werde sich dieser Anteil mit der Elektrifizierung halbieren und auch für die Infrastruktur stellen sich viele Herausforderungen.

Das heuer gestartete Projekt OMEI wolle einen gesamtheitlicher Losungsansatz für nachhaltige Elektroladeinfrastruktur mit schnellem Laden ohne hohe Ausbaukosten und geringerer Leistung zu Hause oder auch am Arbeitsplatz ermöglichen. Gewöhnlich werde ein E-Fahrzeug am Abend geladen, während des Tages fährt man in die Arbeit, wodurch sehr hohe Spitzenlasten entstehen und das Ortsnetz dramatisch überlastet werden könne. Diese zu vermeiden sei auch ein wichtiges Ziel. Deshalb wolle man schnelles Laden mit stationären Speichern verbinden, die Leistungen puffern können, um keine langen Wege zu haben und Strom dann zu nutzen, wenn er gebraucht wird. Über den bereits vorgestellten Ansätze Vehicle to Home oder auch Vehicle to Grid sollen zusätzlich Heimspeicher und auch die Batterien der E-Automobile per bidirektionaler Lademöglichkeit genutzt werden.

Das Projekt, bei dem Partnern aus der Forschung ebenso wie Hersteller von Speichersystemen und Ladesäulen sowie ein Energieversorger beteiligt sind, sollen Daten sowie ein Tool als Grundlage für die Planung und Optimierung von effizienter Ladeinfrastruktur mit der optimalen Integration von Speichern ermöglichen. In einem zweiten Schritt sei eine Demo-Anlagen geplant, hier sollen vielfältige Daten – über Laden, den Verbrauch und auch den Verkehr – erfasst werden, um dadurch Betriebsstrategien und wirtschaftliche Modelle für Schnelladesäulen entwickeln zu können. Auch für das Laden zu Hause sei eine Demonstrationsanlage mit bidirektionaler Wallbox geplant. Verschiedene Modelle sollen simuliert und die Daten auch für andren zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich soll die Frage nach notwendigen Änderungen von gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Fokus rücken.  

Nachhaltige Energieversorgung bedeute auch, nachhaltig zu speichern, d.h. Ressourcen schonende und langlebige Speicher mit wenig CO2-Belastung einzusetzen. Im Projekt habe man sich deshalb für ein Hybridsystem entschieden: Einmal werden Redox-Flox-Batterien eingesetzt, die auch metallfrei möglich sind. Diese Art der Batterien sei sehr ressourcenschonend und recycelbar, habe eine hohe Lebensdauer und könne große Speichermengen aufnehmen. Allerdings seien sie fürs Schnelladen wenig geeignet. Einen zweiten Baustein bilde der Fahrzeugspeicher mit LI-Ionen Batterien, einer wertvollen Ressource, mit hoher Speicherkapazität. Diese wären auch in einem Second Life Modell – nachdem sie im E-Fahrzeug genutzt worden sind – bestens als stationärer Speicher geeignet. Zusätzlich soll eine bidirektional nutzbare Wall-Box entwickelt werden um weitere Möglichkeiten für Smart Home/Company zu schaffen. Die Integration von Smart Meter könne die Netzstabilität fördern und den Leistungsbedarf lokal sicherstellen. Dabei sollen die Anwendungen nicht für jeden Standort individuell programmiert werden müssen, die Anpassung solle über KI selbstlernend passieren. Auch neue Abrechnungsmodelle sollen entwickelt und rechtliche Rahmenbedingungen untersucht werden, um die Verkehrswende weiter umsetzen zu können. 

Veranstaltet werden die Landshuter Energiegespräche vom Forschungsschwerpunkt Energie, dem Technologiezentrum Energie und dem Institut für Transfer und Zusammenarbeit der Hochschule Landshut; unterstützt werden sie durch die Partner Solarfreunde Moosburg und Freundeskreis Maschinenbau der Hochschule. Aktuelle Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie unter www.haw-landshut.de/la-energiegespraeche.