Optische Prüfverfahren als Herausforderung und Chance zugleich für die Produktion

Mit diesem Thema befasste sich eine Fachveranstaltung am 20. November 2019 an der Hochschule Landshut. Gerade spiegelnde Oberflächen und Inline-Prüfungen ohne Stillstand zeigten sich als aktuelle Herausforderungen auf diesem Gebiet.

Zwei Faktoren seien für die Veranstaltung prägend und erfreulich, wie Prof. Dr. Holger Timinger, Vizepräsident der Hochschule Landshut bei seiner Begrüßung den rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erläuterte: Die hohe fachliche Expertise, die die Hochschule Landshut und besonders Prof. Dr. Christian Faber in diesem Themenfeld vorweisen können, und die Zusammenarbeit von mehreren Hochschulen bei der Veranstaltungsorganisation. Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Hochschulverbundprojekts TRIO durchgeführt; das Gründerzentrum Landshut (LINK e.V.) agierte als Kooperationspartner.

Zentrale Aufgabe dieses Zusammenschlusses aller sechs ostbayerischen Hochschulen und Universitäten zum Hochschulverbund TRIO ist die Intensivierung des Wissens- und Technologietransfers in der Region. Dabei wird der Transfer stark an den Bedarfen von Wirtschaft und Gesellschaft ausgerichtet; das behandelte Thema der Veranstaltung entsprang beispielsweise einer fortwährenden Befragung ostbayerischer Unternehmen.

Jede zusätzliche Formel halbiert das Publikum

Der maßgeblich an der Ausgestaltung des Themenabends beteiligte Landshuter Professor für Sensorik und Bildverarbeitung, Prof. Dr. Christian Faber, gab zunächst einen Einblick in die optischen Prüfverfahren und hob die zentrale Bedeutung der optimalen Ausnutzung von Vorwissen bei der industriellen 3D-Messtechnik hervor. Wissen über Prüfaufgabe, Objekteigenschaften, Produktionsumfeld und -ausstattung, die Beleuchtung oder auch die verwendeten Messsysteme sei wichtig, um anschließend Wahrscheinlichkeiten errechnen und mit Messdaten kombiniert Abweichungen bewerten zu können. Getreu seinem Motto „jede zusätzliche Formel halbiert dein Publikum“ konzentrierte er sich in seinem Vortrag auf eben jene im Unternehmenskontext wichtige Interpretation von Messdaten – exemplarisch dargestellt anhand einer fiktiven betriebsinternen Qualitätsüberprüfung von Schrauben.

Spezielle Anwendungsfelder der 3D-Inline-Inspektion stellten die Referierenden der beiden weiteren Vorträge in den Mittelpunkt. Bei der Deflektometrie wird mit Bildaufnahmen eines Streifenmusters gearbeitet, das schrittweise verschoben und an einer Oberfläche reflektiert wird. Störungen im reflektierten Muster zeigen an, dass es Abweichungen in der Oberfläche gibt. Mit der Herausforderung, dieses Verfahren in Bewegung ohne das für die Streifenverschiebung eigentlich nötige Stillstehen der Bänder durchzuführen, befasste sich der Vortrag von Liang Hanning, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Landshut und Doktorandin bei Prof. Faber.

Single-Shot-Methoden und Einseitenbandmodulation

Micheal Strohmeier, Doktorand von Prof. Faber bei der BMW Group, erläuterte sein Promotionsthema ebenfalls vor dem Hintergrund aktueller Problemstellungen aus der Produktionspraxis. So erfolge die Prüfung von 3D-Defekten an metallischen Freiformflächen nach der Blechumformung in der Automobilindustrie noch häufig per manueller Sichtkontrolle; kleine oder kleinere Defekte seien dabei schwer erkennbar. Bei der optischen Messtechnik stellen hingegen die Schwingungen der Presse sowie die Lagetoleranz der Bauteile kritische Störgrößen dar, die die Anwendung von konventioneller Streifenprojektion erschweren. Ein Lösungsansatz stelle die Verwendung sogenannter „Single-Shot-Methoden“ dar, die mittels „Einseitenbandmodulation“ (SSB, engl.: single-sideband modulation) eine vollflächige 3D-Messung aus nur einer einzigen Bildaufnahme ermöglichen. Auch hier sei Vorwissen über Form und Kontrast des Objektes wichtig, die in eine inverse Streifenprojektion geeignet mit einbezogen werden müssten. Über Referenzdaten aus dem Originalteil könne dann der Rückschluss auf Abweichungen erfolgen.

Tobias Schön, Leiter der Gruppe „Algorithmik“ beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, ging in seinem Vortrag auf die Inline-Computertomographie in der Gussteilprüfung ein und räumte hier mit einigen Vorurteilen gegenüber dieser Methode auf. Gussfehler können mittels Inline-CT beispielsweise nicht nur erkannt, sondern auch präzise geortet und analysiert werden. So können auch Bauteile mit Auffälligkeiten, die bisher aufgrund mangelnder Information als Ausschuss zu behandeln waren, weiterverarbeitet werden – sofern die Auffälligkeiten in einem unkritischen Bereich liegen oder die Region später maschinell bearbeitet wird. Zudem besteht die Möglichkeit, die gewonnenen Metadaten direkt in den Herstellungsprozess einzuspeisen und so kritische Fehler gar nicht erst entstehen zu lassen. All diese komplexen Inline-Verfahren sind insbesondere für die industrielle Serienfertigung von hoher Bedeutung.

Fotos: TRIO/Hochschule Landshut

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