Mit Smart Data zu neuem Kundennutzen im B2B-Business

Digitale Geschäftsmodelle und Künstliche Intelligenz stellte das 4. Landshut Leadership Forum 2019 an der Hochschule Landshut in den Mittelpunkt. Rund 140 Vertreter aus Industrie, Wissenschaft und Politik beschäftigten sich am 14. November 2019 an der Hochschule Landshut mit Möglichkeiten, die digitale Transformation zu nutzen, neue digitalisierte Produkte umzusetzen und so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Das Landshut Leadership Forum habe sich als Plattform etabliert, in der durch die Digitalisierung entstehenden Herausforderungen und Chancen für die Unternehmensführung diskutiert werden, wie Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel in seiner Begrüßung erklärte. Eine Besonderheit der Veranstaltung sei der Austausch gerade auch mit Menschen der jüngeren, in Zeiten der Digitalisierung aufgewachsenen Generation, die sich im Masterstudium Wirtschaftsingenieurwesen intensiv mit dem Thema befasst und die Veranstaltung zusammen mit Prof. Dr. Tuczek organisiert haben.

Auch Roland Weigert, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie betonte in seinem Grußwort die Bedeutung des „allgegenwärtigen Themas“ Digitalisierung. „Es gibt zur Digitalisierung keine Alternative“ ist er überzeugt“ und KI ist dabei die Schlüsseltechnologie“. Die bayerische Staatsregierung habe deshalb im Rahmen ihrer Hightech-Agenda Bayern u.a. beschlossen, mit 100 neuen Professuren die Forschung zum Thema KI zu fördern. Allerdings sei die digitale Transformation ein Prozess, der die gesamte Gesellschaft betreffe, alle Akteure und jeder einzelne müssten mitgenommen werden. Austausch und Netzwerkbildung seien dabei fundamental, wie es das Landshut Leadership vorbildlich umsetze und deshalb seine größte Wertschätzung genieße.

Auch Prof. Dr. Helmut Klausing, Präsident der Gesellschaft für Projektmanagement GPM e.V., die in diesem Jahr ihr 40. Jubiläum feiern konnte, betonte in seinem Grußwort, dass alle beim Thema digitale Transformation gefordert seien. Sie werde vom Menschen gemacht, müsse technisch und human gestaltet werden. Dabei müsse man mit Agilität flexibel auf Veränderungen reagieren. Dies müsse sich auch im Projektmanagement widerspiegeln, das schon heute mehr als 40% der Wertschöpfung ausmache und weiter an Bedeutung gewinnt.

Einen fundamentalen strukturellen Wandel sieht auch Michael Schalk, VDMA Bayern, in der Digitalisierung. Diese sei allerdings bei den Unternehmen in Bayern noch nicht vollständig angekommen. Sie sei kein Projekt, das mit einem Budget erledigt werden könnte, es sei eine Transformation, die in die DNA jedes Mitarbeiters und jedes Unternehmens übergehen müsse und über den künftigen Wohlstand entscheide.

Mit Künstlicher Intelligenz zum Homo Konvergenz

In welche Richtung die digitale Transformation gehen soll, zeigte Prof. Dr. Joseph Reger, CTO Fujitsu Technology Solutions B.V. in seiner Keynote „Disruptive Potenziale neuester Technologieentwicklungen“. Dabei setzte er eine Begriffsdefinition von Digitalisierung an den Anfang. In ein digitales Auto könne man sich nicht reinsetzen, in ein digitalisiertes Auto dagegen schon. Die Aufgabe für die heimische Industrie laute also, etwas Digitalisiertes zu schaffen, digitalisierte Geschäftsmodelle zu entwickeln. Insgesamt habe Deutschland beim Thema Digitalisierung schon 10 Jahre verloren. Der Zugang zu Daten schaffe Unternehmen enorme Vorteile, das Terrain von Daten aus dem privaten Umfeld allerdings müsse man aufgeben. Dagegen sieht er bei der Verwertung von Daten aus dem industriellen Geschäftsumfeld große Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. 

Als Schlüsseltechnologien der digitalen Transformation sieht er u.a. die Blockchain, mit der man vertragliche Vereinbarungen automatisieren und so administrative Prozesse erheblich reduzieren könne, und auch die Künstliche Intelligenz (KI). Dabei sei es aber wichtig zu verstehen, dass es sich dabei nicht um wirkliche Intelligenz handle, sondern um Systeme, die intelligentes Verhalten zeigen sollen. Den Großteil dessen, was man heute unter KI verstehe sei eigentlich Machine Learning. Nachvollziehbare KI und menschliche Intelligenz sollten nicht gegeneinander, sondern konvergent betrachtet werden. Die Entwicklung vom Homo Sapiens zum „Homo Konvergenz“ sei die Basis, um sich neue Perspektiven für die Zukunft zu schaffen.

Nutzenmaximierung mit digitalisierten Geschäftsmodellen

Die Grundlage für den künftigen Erfolg von Unternehmen liegt auch für Prof. Dr. Hubertus C. Tuczek in neuen, digitalen Geschäftsmodellen, die zu neuem Nutzen führen sollen. „Digitale Geschäftsmodelle sind wie eine Expedition ins Unbekannte“, erklärt er, dabei werde die Veränderungsgeschwindigkeit noch zunehmen. Auch er betont das Potenzial von KI, spricht sich aber wie Prof. Dr. Reger für eine nachvollziehbare Künstliche Intelligenz im Sinne von „explainable & trusted AI“ aus. Produkte zu verbinden, Plattformen und Dienstleistungen mit dem Kunden im Mittelpunkt zu etablieren, sei entscheidend. Dabei sei die Digitalisierung weniger eine Frage der Technologie, sondern der Ideen und dem Mindset der Führungskräfte und Mitarbeiter. 

Wie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen durch digitale Geschäftsmodelle und die Generierung von neuem Nutzen gestärkt werden kann, zeigt Prof. Dr. Tuczek anhand des „Landshuter Nutzenmodells“ auf. Er hat mit Studierenden 111 digitale Geschäftsmodelle analysiert und daraus acht verschiedene Nutzenarten identifiziert, die die Kundenbindung gewährleisten. Im neuen 5. Band der Buchreihe Landshut Leadership mit dem Titel „Digitale Geschäftsmodelle – Neuer Nutzen!“ werden die analysierten Geschäftsmodelle anhand des entwickelten Modells klassifiziert. Dies stellt er an Beispielen wie der umfassenden Gesundheitsplattform „Meum“ oder auch dem intelligenten Instandhaltungssystem iMAIN vor, bei dem weltweit Produktions- und Maschinendaten über die Cloud in Echtzeit analysiert werden können. Er gibt den Anwesenden die Empfehlung: "Bleiben Sie in täglichem Kontakt mit ihren Kunden auf dem Weg der Customer Journey".

Viessmann: Vom analogen zum digitalisierten Unternehmen

Wie ein Unternehmen das Thema Digitalisierung offensiv angeht, zeigte ein Vortrag von Prof. Dr. Markus Pfuhl, VDO der Viessmann Group. Aktiv sei das Unternehmen eigentlich überall, wo Wärme gebraucht werde, was zunächst eine sehr analoge Welt sei, die sich aber gerade digitalisiere. Vor dem Hintergrund von Veränderungen im Rahmen des Klimawandels, zunehmender Verstädterung, Dekarbonisierung und schnellen technologischen Entwicklungen habe sich das Unternehmen entschlossen sich mit seinen 12.000 Mitarbeiter auf den Weg zu machen. Denn die Welle kommt auf uns zu, versuchen Sie nicht diese zu ignorieren, fordert er die Teilnehmer auf. Nutzen Sie die Chance für Veränderungen.

Für Viessmann stellte die Übernahme von Nest, das intelligente Thermostate anbietet, durch Google das Signal zum Aufbruch dar. Als erstes wurde im Unternehmen, bei jedem Mitarbeiter das Bewusstsein geschaffen, was Digitalisierung ist und was sie fürs Unternehmen bedeutet. Dazu wurden Mitarbeiter persönlich im Unternehmen angesprochen, informiert und sensibilisiert. Prozesse und Mitarbeiterkommunikation wurden digitalisiert, z.B. eine Mitarbeiter-App sowie die Mitarbeiterzeitschrift in digitaler Form.

Im Unternehmen wurde stark an den Arbeitsweisen gearbeitet. Das Projektmanagement wurde auf ein agiles Vorgehen umgestellt, das ein schnelles Reagieren oder Umsteuern ermöglicht. Zusätzlich wurde die bisher eigenständige Digitalisierungsstrategie in die Unternehmensstrategie integriert. Das Ziel lautete eine „Embedded Organization“ umzusetzen, die es ermöglicht, die digitale Transformation in Angriff zu nehmen. Mittlerweile ermögliche z.B. der „wibutler“ die Vernetzung von Produkten mit einer eigenen App. Zusätzlich wurden digitale Services zur Verfügung gestellt, die u.a. die Inbetriebnahme oder die Überwachung von Kesseln deutlich vereinfacht, zusätzlich auch Flat-Tarife eingeführt. Technologie und der Kontakt zum Kunden seien Stärken, die es dem Mittelstand erlauben die Chancen der digitalen Transformation zu nutzen.  

Wertvolle Impulse durch Workshops

Neben den Vorträgen bot das das Landshut Leadership Forum 2019 viel Raum für gemeinsame Diskussion und erstmals wurden fünf parallele Workshops angeboten, in denen sich die Teilnehmer mit den Chancen der Digitalisierung für das eigene Unternehmen befassten. Das Prinzip des Internet of Things, Technik mit Services zu verbinden und so neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln verdeutlichte Prof. Dr. Abdelmajid Kehlil (Hochschule Landshut) in seinem Workshop. Mit Möglichkeiten und Technologien im Rahmen von Industrie 4.0 beschäftigte sich der Unternehmer Dr. Thomas Kinkeldei, Prof. Dr. Markus Schmitt zeigte, wie mit einem Reifegradmodell nächste Schritte überlegt werden können.

Die Funktionsweise von Machine-Learning an einfachen Beispielen mit Stift und Papier erklärte Stefan Blum (iteratec GmbH).  Ideen für neue digitale Geschäftsmodelle für KMUs entwickelte Wolrad Claudy (Münchener Kreis), Christoph Bergdolt (SWARCO AG) gab ein Praxisbeispiel aus dem Unternehmen. Welche Möglichkeiten KI im Maschinenbau-Unternehmen bietet und Ideen, diese Schritt für Schritt zu realisieren, entwickelte Michael Schalk (VDMA) mit den Teilnehmern. Dabei waren sich Referenten und Teilnehmer einig, dass es keine Alternative zur digitalen Transformation gibt, diese aber viele Potenziale bietet, zusätzlichen Nutzen und damit neue Geschäftsfelder zu entdecken und umzusetzen. 

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe Landshut Leadership Forum unter www.haw-landshut.de/landshut-leadership.