"Bei der Technologie Internet haben wir gerade einmal ein Drittel des Weges hinter uns"

Vortrag zum Thema "Innovationen im Handel"

Praxiswissen aus erster Hand erhielten die Studierenden der Bachelorstudiengänge Energiewirtschaft und -technik sowie Automobilwirtschaft und -technik bei einem Vortrag zum Thema Innovationen im Handel. Der Lehrbeauftragte Oliver Brockmann hatte Herrn Wolfgang Lux, Autor und Unternehmensberater für Handel und Konsumgüter, zu einem Vortrag eingeladen. Die Studenten konnten dabei einen Blick in die "Welt des Handels von morgen" werfen.

"Im Internet haben wir gerade einmal ein Drittel des Weges hinter uns. Vor allem die neuen Medien werden unsere Art, einzukaufen, weiter dramatisch verändern. Wir erleben im Handel einen echten Paradigmenwechsel." Mit diesen einleitenden Worten brachte der Referent die Zuhörer/innen zum Nachdenken und kam dabei direkt auf den Kern seines Vortrages.

Herr Lux war mehr als 10 Jahre in Führungspositionen im Handel tätig, zuletzt als Vorstand IT, Logistik und Organisation bei der Media-Saturn Holding, Ingolstadt und als Geschäftsführer bei der Drogeriemarktkette Müller.

Um das Thema Innovationen im Handel eingehend zu beleuchten, hat der Referent im Jahr 2011 insgesamt 16 CEO's und Vorstände aus dem Handel, der IT-Industrie und Verbänden zu deren  Ansicht zum Thema Innovationen befragt. Aus den Antworten kristallisierten sich fünf sog. "Megatrends" heraus, die im Buch "Innovationen im Handel" (Springer, 2012) ausführlich dargestellt werden.

Für den Autor werden diese Trends das nächste Jahrzehnt des Handels bestimmen. Mit vielen praktischen Beispiele aus dem eigenen Wirken erläuterte Herr Lux den Zuhörern die aufgezeigten Trends, die jedoch nicht isoliert für den Handel alleine, sondern für die gesamte Wirtschaft gleichermaßen zu einem Umbruch führen werden. 

Die fünf Megatrends im Einzelnen:

1. Corporate Social Responsibility (CSR)

2. Demographischer Wandel

3. Lifestyle und Convenience

4. "SoLoMo"

5. Retail Branding

Das Thema CSR ist seit vielen Jahren "in aller Munde", und wird in Zukunft weiter an Bedeutung zunehmen, verwies der Referent auf die Bedeutung des ersten "Megatrends". "Die Kunden achten immer stärker darauf, unter welchen Bedingungen die Produkte hergestellt werden und wie die Unternehmen im Handel mit ihren Mitarbeitern umgehen", so Wolfgang Lux. Der demographische Wandel hat für den Handel mehrere Auswirkungen. Zum einen fehlt vielerorts qualifiziertes Personal, und zum anderen muss sich der Handel den Konsumgewohnheiten von älteren Kunden anpassen. Der Referent nannte als Beispiel gut lesbare Preisschilder, das verstärkte Angebot von Conveniencegütern und speziell abgestimmte Service-Angebote für die "Best Ager".

Beim nächsten "Megatrend" konnten die Studenten dem Referent sofort beipflichten. Der hybride Kunde wird noch fordernder. Um im zunehmenden Wettbewerb mithalten zu können, müssen die Unternehmen in verbesserten Service und mehr Verkäuferkompetenz investieren. Für den Kunden ist es in den letzten Jahren selbstverständlich geworden, im Internet einzukaufen und die Preise zwischen dem stationären Handel und dem Onlinehandel zu vergleichen.  Das Internet hat die Transparenz dramatisch erhöht. "Früher mussten sie für einen Preisvergleich in das nächste Geschäft oder sogar ins nächste Dorf fahren, heute kann sich der Kunde vor Ort mit dem Smartphone eine Preisübersicht über hunderte von Händlern verschaffen." Dies erhöht den Druck für den stationären Handel in Zukunft noch stärker. Angereichert wurde der Vortrag durch interessante Videos. So erhielten die Studenten einen Einblick in die Innovationen des Handels in anderen Ländern. Als Fazit zeigte sich, dass Deutschland bei vielen Innovationen gegenüber Ländern wie der Schweiz, Südkorea und auch England noch Aufholpotential hat.

"SoLoMo", eine Wortneuschöpfung des Internetzeitalters, vereint die Perspektiven sozial ("social"), lokal ("local") und Mobilität ("mobil") und steht für die vielen interessanten, technischen Innovationen, die den Handel und die Industrie nachhaltig verändern. Der Referent kam dabei vor allem auf die neue "Macht" der Konsumenten zu sprechen. "Wenn sie ein Produkt heute nicht gut finden, können sie dies ohne Aufwand ihren Freunden bei Facebook oder Twitter mitteilen, sowas gab es früher nicht." Für die Unternehmen bedeutet dies ein komplettes Umdenken beim Thema Marketing. "Alte Konzepte funktionieren nicht mehr."

Doch auch der Online-Handel bekommt den anspruchsvolleren Kunden "zu spüren". So reicht es dem Kunden eben nicht mehr, entweder online oder offline einzukaufen. Der Kunde will vom Handel auf allen Kanälen angesprochen werden. Die Unternehmen reagieren darauf mit einer Vernetzung der Kanäle (Multichannel).

Durch Retail Branding wird der Handel selbst zur Marke und erweitert seine klassische Position in der Wertschöpfungskette zwischen Hersteller und Kunden. Schafft es der Handel, nachhaltiges Kundenvertrauen aufzubauen, können die Eigenmarken in Zukunft eine noch wichtigere Rolle für die Handelsunternehmen spielen. 

"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Dank des Internets wir alle als Kunden wirkliche Könige geworden sind", schloss Herr Lux seinen einstündigen Vortrag ab.

In der anschließenden Fragerunde ging der Referent noch mal auf die grundsätzliche Frage ein, warum sich erfolgreiche Unternehmen so schwer tun, neue Innovationen einzuführen. "Sie müssen nicht "First Mover" sein, aber wenn sie als Unternehmen zu spät dran sind, gefährden sie ihre  Zukunft. Es ist sehr schwer zu akzeptieren, dass bisherige Geschäft durch neue Innovationen zu "kannibalisieren" und dabei neue Wege zu gehen und etablierte Pfade zu verlassen. Die deutschen Unternehmen sind vor allem bei inkrementellen Verbesserungen gut, bei disruptiven Innovationen haben die anderen Länder oft die Nase vorn." Bestes Beispiel sei der Online-Lebensmittelhandel, der in anderen  europäischen Ländern bereits etabliert ist, in Deutschland bisher jedoch nicht existent ist. Ein Tipp hatte der erfahrene Händler für die Zuhörer: "Selbst wenn sie nicht alle Innovationen für sich persönlich sinnvoll finden, gehen sie mit offenen Augen durch die Welt."