Additive Fertigung: die Intelligenz steckt in der 3D-Datei

3D-Druck Praxisforum befasste sich mit Prozess von der Datengewinnung bis zum druckfähigen Modell

Vom ersten Scan über das mit CAD bearbeitete Modell, bis zum Druck mit unterschiedlichsten Materialien: Beim 3D-Druck gilt es viele Herausforderungen zu meistern. Vielfältiges Wissen und Know-how von Scantechnologien über den Einsatz der geeigneten Software zur Bearbeitung der Scans und Konstruktionskenntnissen in Bezug auf die 3D-Druckverfahren sowie Erfahrung mit Werkstoffen sind erforderlich, wie das „2. Praxisforum 3D-Druck“ an der Hochschule Landshut verdeutlichte.

Die additive Fertigung sei ein wichtiger Baustein für die industrielle Fertigung, bei der „Innovation greifbar ist“, wie Vizepräsident Prof. Dr. Holger Timinger bei seiner Begrüßung der über 80 Teilnehmer betonte. Er freute sich ebenso wie der wissenschaftliche Leiter, Prof. Dr. Norbert Babel, über die große Resonanz der im Frühjahr 2015 gestarteten Reihe Praxisforum 3D-Druck an der Hochschule Landshut. Die zweite Veranstaltung der Reihe am 10. November bot einen Einblick in die Prozesskette vom Scan bis zur fertigen Druckdatei, dies sowohl von Hardware- als von Software-Seite  Die vom Institut für technologiebasierte Zusammenarbeit der Hochschule Landshut organisierte  Veranstaltungsreihe will gerade klein- und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bieten, sich über die vielfältigen Möglichkeiten im 3D-Druck auf dem Laufenden zu halten, wie Prof. Dr. Babel erläuterte.

3D-Druck: enorme Möglichkeiten - komplexe Herausforderung

„Die Intelligenz steckt in der 3D-Datei“, erklärte Volker Junior (phoenix GmbH & Co. KG, Gröbenzell) in seinem Einführungsvortrag zu Methoden und Potenzialen der 3D-Datenerzeugung für Endprodukte und Ersatzteile. Der 3D-Datensatz ermögliche es, individualisierte Produkte zum gleichen Preis wie Serienteile zu drucken und damit das Potenzial der additiven Fertigung gezielt einzusetzen. So werde die Fertigung von individualisierten Hörgeräten bereits seit 2003 - vom Wachsabdruck im Innenohr über den Scan bis zum Druck - vollautomatisch durchgeführt. Die Möglichkeiten seien vielfältig z. B. auch im Bereich von Ersatzteilen für Maschinen oder Bauteile, für die es keine Baupläne mehr gibt. Diese werden im sog. Reverse Engineering, meist auf der Datenbasis von verschiedenen Scanverfahren nachkonstruiert bzw. entwickelt und dabei spezifische Eigenschaften optimiert oder sogar durch Integration neuer Funktionen bereichert.

Die Komplexität der Datenaufbereitung für die Additive Fertigung zeigte Dominik Sippel (EOS GmbH – Electro Optical Systems, Krailing/München) am Beispiel von Kunststoffprodukten. Um Bauteilanforderungen wie mechanischen Eigenschaften, Oberflächenbeschaffenheit und Maßgenauigkeit gerecht zu werden, müsse man den Druckprozess ganzheitlich verstehen und Faktoren wie Druckmaterial, -prozess  und -system berücksichtigen. So sei die Temperaturverteilung in der Druckkammer unterschiedlich, weshalb die Positionierung große Auswirkungen auf den Schwund, den Verzug und die Spannungen im gedruckten Bauteil haben. Da innen der Pulverkuchen länger heiß sei, führe dies dort zu längeren Abkühlzeiten und größerem Schwund. Die Ausrichtung der Bauteile beim Druck und damit die Schichtaufbaurichtung seien wichtig für die Bauteilfestigkeit und die Oberflächengüte. Diese Effekte könne man über eine intelligente Datenaufbereitung ausgleichen, dies erfordere aber ein gutes Verständnis der Prozesse, viel Erfahrung und Wissen.

Von der Punktewolke zur Druckdatei – Hard- und Software

Einen Überblick über verschiedene mobile 3D-Scanner-Systeme gab Marc Lauterbach vom Hard- und Softwareanbieter Ametek GmbH - Division Creaform (Leinfelden-Echterdingen). Nach dem Scann sei wegen Schatten bzw. verdeckten Details eine Nachbearbeitung erforderlich, auch durchsichtige Teile oder spiegelnde Oberflächen stellen Herausforderungen dar. Beispiele für den Einsatz der Scantechnologie als Grundlage für Um- und Neubauten im Rohrleitungsbau von Industrieanlagen der Verfahrenstechnik zeigte Bernhard Renner, ECM Ingenieur-Unternehmen für Energie- und Umwelttechnik GmbH, Burghausen.

Die teilweise automatisiert mögliche Nachbearbeitung von 3D-Scans, bei denen „Punktewolken“ entstehen, die in ein Volumenmodell zur Bearbeitung von Bauteildetails übergeführt werden müssen, zeigte Jacques Weijtmans (INNEO Solutions GmbH, Ellwangen) am Beispiel der Software Geomagic Design X. Effizientes Geometriehandling mit der Software „ANSYS SpaceClaim“, das auch von Nicht-CAD-Experten durchgeführt werden könne, präsentierte Markus Hübner (SpaceClaim Corporation, Augsburg). Dabei sei der Vorteil der Software, dass Objekte im STL-Format, welches Modelle als Hülle beschreibt, in echte Volumen-Modelle umgewandelt werden können. Optimierungen wie das Ausbessern von Fehlstellen im Scan und Veränderungen können somit vorgenommen werden.

3D-Druck im Maschinenbaustudium der Hochschule Landshut

Wie die Hochschule das Thema der Additive Fertigung in ihrer akademischen Ingenieur-Ausbildung für Maschinenbau aufgreift, zeigte schließlich Prof. Dr. Norbert Babel. Er stellte dabei verschiedene Scanverfahren vor, die an der Hochschule bei Projektarbeiten zum Einsatz kommen. Diese reichen von der Nachmodellierung von Kunstfiguren zur Vorbereitung eines Metallabgusses, über die von Studierenden entwickelten Maschinenabdeckungen bis zum Scannen einer Fahrzeugkarosserie für Einbau- und Simulationsuntersuchungen. Ein Beispiel zur Unterstützung einer chirurgischen Operationsplanung durch den Druck eines Hüftknochenmodells aus CT-Scandaten zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Technik. Die begleitende Fachausstellung, welche in den Pausen für intensive Fachgespräche genutzt wurde und ein Blick in das CAx-Labor der Hochschule unter Leitung von Prof. Dr. Babel rundete die Veranstaltung ab.

>>>zum Praxisforum 3D-Druck