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Wie Kinder Gewalt lernen

Wie wird häusliche Gewalt über Generationen weiteregegeben - und wie lässt sich dieser Kreislauf durchbrechen? Eine Fachtagung drehte sich um dieses Thema.

Kinder, die zuhause Gewalt sehen oder selbst erleben, können später zum Täter werden. Häusliche Gewalt kann sich so über Generationen in Familien weitertragen. Um diese Entwicklung drehte sich die Fachtagung „Häusliche Gewalt ohne Ende? – Generationale Weitergabe von Partnerschaftsgewalt“ am vergangenen Freitag an der Hochschule Landshut. „Der ganze Saal ist voller Experten und Expertinnen. Sie arbeiten in Frauenhäusern, Polizeidienststellen, Beratungsstellen, Schulen und Kitas, im Jugendamt oder forschen an einer Universität oder Hochschule“, begrüßte Prof. Dr. Barbara Thiessen die rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Sie leitet das Institut Sozialer Wandel und Kohäsionsforschung der Hochschule und ist Prodekanin der Fakultät Soziale Arbeit und organisierte die Tagung gemeinsam mit der Landshuter Offensive gegen häusliche Gewalt: „Ausgangspunkt für die Tagung war die Beobachtung vieler langjähriger Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern“, erklärt Thiessen. „Oft kam ihnen eine neue Bewohnerin bekannt vor Und es stellte sich heraus, dass sie schon als Kind mit ihrer Mutter im Frauenhaus war und jetzt selbst in einer ähnlichen Situation ist.“ Auch männliche Jugendliche, die in ihrer Beziehung gewalttätig sind, erlebten häufig in ihrer Familie Gewalt. „Um diesen Kreislauf von Gewalt zu durchbrechen, brauchen wir mehr Wissen in der Praxis und neue Aufmerksamkeit auf Gewalt in Beziehungen von Jugendlichen“, fasst Thiessen zusammen.

„Hilfe für die Mutter ist immer auch Hilfe für die Kinder“


Betroffene Mütter und Kinder können in Deutschland beispielsweise in über 400 Frauenhäuser Schutz suchen. Prof. Dr. Margrit Brückner von der Frankfurt University of Applied Sciences hat das erste Frauenhaus vor über 40 Jahren mitgegründet. „Hilfe für die Mutter ist immer auch Hilfe für die Kinder“, so Brückner in ihrem Vortrag. „Denn wenn Kinder häusliche Gewalt erleben, sei es als Zeugen oder Opfer, kann das zu Verhaltens- und Entwicklungsstörungen führen.“ Das kann so weit gehen, dass sie selbst in ihren Beziehungen schlagen oder psychischen Druck aufbauen. „Wir setzen uns auch noch zu wenig mit den Männern als Täter auseinander. Hier brauchen wir viel mehr Anlaufstellen und Beratungsangebote“, sagte Brückner.

Der Umgang mit Vätern war auch ein Thema in den Workshops der Tagung. Andere beschäftigten sich damit, wie sich Frauen und Mädchen selbst wahrnehmen, wenn sie Gewalt erlebt haben – und wie man ihnen helfen kann, wieder eine selbstbewusste Identität aufzubauen. Auch die Prävention an Schulen war ein Thema: Im Projekt PräGe beispielsweise erarbeiten Schüler der zehnten Klassen Gewaltthemen und lernen, Warnsignale zu erkennen und mit Konflikten umzugehen.

Fünf Jugendliche begleiteten die Tagung und berichteten am Ende in einer Gesprächsrunde ihre Eindrücke. Besonders eindrücklich waren ihre persönlichen Erfahrungen im Freundeskreis – die Freundin, die schon geschlagen wurde oder Pärchen in der Clique, wo das Handy kontrolliert wird. Das wäre teilweise ganz normal, berichteten sie. Daher sei es wichtig, dass über Partnerschaftsgewalt etwa in der Schule öfter gesprochen würde. Aus  Sicht der Jugendlichen braucht es auch gute Freunde, die zuhören.


Zur

Pressemitteilung über die Tagung
Rund 250 Menschen beschäftigten sich an der Hochschule Landshut auf einer Fachtagung damit, wie häusliche Gewalt über Generationen weitergegeben wird – und wie man das verhindern kann.
Prof. Dr. Barbara Thiessen veranstaltete die Tagung gemeinsam mit der Landshuter Offensive gegen häusliche Gewalt.
„Wenn Kinder häusliche Gewalt erleben kann das zu Verhaltens- und Entwicklungsstörungen führen“, so eine der Rednerinnen, Prof. Dr. Margrit Brückner von der UAS Frankfurt.