Upgrade für Biogas

Biogasanlagen sind wichtige Treiber für die Energiewende. Doch sie lohnen sich für viele Betreiber nicht mehr. Die Umwandlung in Biomethan kann die Anlagen flexibler und energieeffizienter machen ? und Betreibern neue Geschäftsfelder eröffnen. Forscher der Hochschulen Landshut und Weihenstephan-Triesdorf haben ein entsprechendes Verfahren entwickelt.

Bis 2035 soll Deutschland 55 bis 60 Prozent seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beziehen – aktuell ist das rund ein Drittel. Doch Photovoltaikanlagen sind nur tagsüber im Sommer ausgelastet, Windenergie lohnt sich oft nur in exponierten Lagen. Und in dunklen Wintermonaten übersteigt der Strombedarf die Produktion der erneuerbaren Quellen. Biogasanlagen können diese Schwankungen teilweise ausgleichen und für kontinuierlichen Strom sorgen.

„Die Stärke von Biogasanlagen ist, dass sie flexibel sind. Sie können bei Bedarf Strom und Wärme erzeugen und auch Strom ins Netz einspeisen – oder die Energie bei Stromüberschuss  als Biogas speichern“, erklärt Prof. Dr. Josef Hofmann, Professor für Energie- und Umwelttechnik an der Hochschule Landshut. Gefördert wird im Moment aber vor allem der kontinuierliche, nicht der flexible Betrieb der Anlagen: Betreiber können derzeit noch mit einem festen Tarif für den Strom rechnen, den sie 365 Tage im Jahr ins Netz einspeisen.

Biomethan: Kraftstoffersatz und Energiespeicher

Dieser Deal läuft 2020 aus. „Viele Anlagen werden sich dann nicht mehr lohnen, wenn die Betreiber nicht umdenken“, schätzt Hofmann. Seine Lösung: Biogas umwandeln in flüssiges Biomethan. Der Clou: „Biomethan ist tausendmal energiereicher als Biogas“, sagt Hofmann. Das macht die Flüssigkeit zum begehrten Energiespeicher – über Monate kann sie stabil in wärmeisolierten Tanks gelagert werden. Bei Bedarf, zum Beispiel im kalten und dunklen Winter, lässt sie sich dann wieder in Wärme- oder elektrische Energie umwandeln. „Die Flüssigkeit lässt sich viel länger und effektiver speichern als Biogas“, fasst Hofmann zusammen.

Er hat gemeinsam mit Kollegen von der Hochschule Landshut und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Freising ein entsprechendes Verfahren entwickelt. Vorgereinigtes Biogas wird dabei in mehreren Stufen auf -162 Grad Celsius abgekühlt. Dabei entstehen zwei Komponenten: flüssiges Biomethan und festes Kohlendioxid, also Trockeneis. Korbinian Nachtmann hat das Projekt als Doktorand verantwortlich bearbeitet: „Mit unserem Verfahren gewinnen wir Biomethan mit einer Reinheit von 99,9 Prozent. So wäre es auch als Rohstoff für die chemische Industrie interessant, etwa zur Herstellung von Grundchemikalien wie Wasserstoff oder Methanol.“ Und es könnte als Kraftstoff eingesetzt werden – als umweltverträglichere Alternative zu fossilen Brennstoffen. Das bedeutet für Betreiber von Biogasanlagen zusätzliche Geschäftsfelder neben Strom- und Wärmeproduktion.

Neue Geschäftsfelder für Biogasanlagen

Bevor das Biogas getrennt werden kann, müssen die Forscher es erst gründlich reinigen. Das war Aufgabe des Freisinger Teams um Prof. Dr. Oliver Falk von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf: „Kleinste Verunreinigungen könnten in den nachfolgenden Schritten gefrieren und Geräte beschädigen“, beschreibt der Ingenieur. Vor allem Schwefelwasserstoff ist im Biogas unerwünscht. Um ihn zu entfernen, haben die Forscher verschiedene Eisenpräparate und Aktivkohlefilter getestet und geschickt miteinander kombiniert. Das Ergebnis: „Im gereinigten Biogas ist kein Schwefelwasserstoff mehr nachweisbar, er enthält also weniger als ein part per million der Verbindung“, so Falk. Das entspricht einem Salzkorn in einem Liter Wasser." Das gereinigte Gas fließt dann in die eigens entwickelte Laboranlage von Falks Kollegen an der Hochschule Landshut. In dem mannshohen Gebilde aus silbrigen Schläuchen und kupferfarbenen Verbindungsstücken steckt Prozess- und Material-Know-how aus der gesamten Hochschule. Zwei Studentinnen haben beispielsweise die perfekte Beschichtung für Wärmetauscher ermittelt. Das ist wichtig, damit Kohlendioxid dort als Schnee und nicht als Eis kristallisiert. Denn Schnee kann einfach abgeklopft werden. Eine Eisschicht müsste aber regelmäßig abgetaut werden – ähnlich wie bei einer Tiefkühltruhe. Das würde zusätzlich Energie verbrauchen.

Nebenprodukt Trockeneis wird weitervermarktet

Die Studentinnen haben in ihrer Abschlussarbeit herausgefunden: Sind die Wärmetauscher mit Teflon beschichtet, bildet sich der optimale Kohlendioxid-Schnee. Biogasanlagen-Betreiber können ihn als Trockeneis weitervermarkten. In Flugzeugen beispielsweise werden damit Lebensmittel gekühlt. Und in der Kunststoff- und Stahlindustrie nutzt man es, um die Oberflächen von Kunststoffen und Metallen zu reinigen. So sieht der Versuch mit unterschiedlichen Wärmetauschern und Beschichtungen aus (optimal: die zweite Säule von links. Hier fällt gefrorenes Kohlendioxid als feiner Schnee ab):

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Die Gasreinigung und -trennung funktioniert also im Labor einwandfrei. Die Forscher wollen nun das Prinzip auf den Maßstab einer Biogasanlage übertragen. Dafür wollen sie ab 2017 eine Demonstrationsanlage in Landshut errichten. Hofmann sieht in dem Verfahren eine Zukunft für Biogasanlagen: „Biomethan lässt sich viel leichter speichern und transportieren als Biogas. Die Anlagenbetreiber werden flexibler – und können weiterhin die Energiewende sowie eine klimafreundliche Mobilität unterstützen.“

Finden Sie hier die Pressemitteilung über Biogas als pdf.