Roboter in der Pflege

In der Pflege herrscht Personalmangel. Technische Lösungen sollen das mehr und mehr ausgleichen. Wie das funktionieren kann und was das für den Patienten bedeutet, diskutierten Experten aus Pflege, Robotik und Genderforschung und -politik.

Der Roboter greift zum Pillenfläschchen, nimmt eine Tablette heraus und reicht sie der älteren Dame. Wird der Helfer Roboter bald Realität – und wenn ja: Wie soll diese Realität aussehen? Roboter könnten beispielsweise Älteren helfen, länger selbständig zu leben, denn: „Immer mehr Menschen wohnen im Alter alleine“, so Prof. Dr. Annette Meussling-Sentpali, Pflegewissenschaftlerin an der OTH Regensburg. „Keiner ist da, wenn man hingefallen ist. Und der Pflegedienst kommt nicht achtmal am Tag.“ Technik unterstützt bereits in Form von Rollatoren oder Computerspielen für Gedächtnisübungen.

„In japanischen Krankenhäusern sind Roboter schon Gang und Gebe und helfen zum Beispiel, Patienten aus dem Bett zu heben“, berichtete Prof. Dr. Elisabeth André. Die Informatikerin beschäftigt sich an der Universität Augsburg damit, wie Menschen mit Maschinen und künstlicher Intelligenz interagieren. Auch eine Roboterrobbe, die auf Streicheln reagiert und sich bewegt, könne beispielsweise Demenzpatienten beruhigen und trösten. Und autistische Kinder können mit Robotern lernen, die Mimik von Menschen besser zu deuten. „Natürlich ist der Kontakt mit Menschen immer besser als mit einem Haustier oder einer Maschine. Aber der Roboter ist besser als gar kein sozialer Kontakt“, fasste André zusammen.

Der Roboter löst nicht alle Probleme


Technologische Pflegehilfen können also wertvoll sein. Doch bei der Entwicklung sei es wichtig, auch die Menschen einzubinden, die diese Hilfen in Anspruch nehmen. „Aktuell entwickeln vor allem Männer technische Pflegelösungen“, meinte Dr. Yves Jeanrenaud, der an der TU München zu Gender Studies in Ingenieurwissenschaften forscht. „So erkannte beispielsweise die erste Spracherkennung Frauenstimmen nur sehr schlecht.“

Auch wenn die Technik immer mehr Aufgaben erleichtere – den Menschen könne sie in der Pflege nie ersetzen, waren sich alle Experten einig. „Denn gute Pflege ist mehr als Verbände wechseln. Ausgebildetes Personal kennt sich auch mit Medikamenten aus oder berät zur Finanzierung von Umbaumaßnahmen“, so Meussling-Sentpali. „Der Roboter hilft, löst aber nie alle Probleme.“ In der Verwaltung könnten technische Lösungen dafür umso mehr entlasten – das sah auch einer der rund 50 Zuhörer so: „Ein Großteil der Pflegezeit fließt in die Dokumentation.“

Entlastung vor allem in Verwaltung


Doch bei allem technischen Fortschritt sei es wichtig, auch die Kosten im Auge zu behalten, so Margit Berndl, Sozialpädagogin und Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Bayern: „Die Pflegeversicherung ist eine Teilkasko-Versicherung. Darüber wird vermutlich kein Pflegeroboter finanziert werden.“
    
„Bis bezahlbare Roboter erhältlich sind, die mehr als eine Aufgabe erledigen, ist es also noch ein weiter weg“, fasste Prof. Dr. Gudrun Schiedermeier zusammen, die sich an der Fakultät Informatik der Hochschule Landshut unter anderem mit Robotik befasst. Doch es muss auch nicht unbedingt ein vollausgestatteter Pflegeroboter sein. Auch kleinere Schritte brächten die Pflege schon bedeutend weiter, wie Meussling-Sentpali aufzeigte: „Jeder Kinderwagen ist technologischer entwickelt als ein Toilettenstuhl. Er ist hässlich und stigmatisiert.“ Solche Geräte weiterzuentwickeln und auch schöner zu gestalten, würde vielen Pflegebedürftigen und Pflegern das Leben erleichtern.

Die Veranstaltung am Mittwoch war Teil der Reihe „ortswechsel“, die von der Hochschule Landshut und den Frauenbeauftragten von Stadt und Landkreis organisiert wird.

Weitere Termine im aktuellen Wintersemester (jeweils 19 Uhr)
7. Dezember: Kontroversen um Gleichstellungspolitik
18. Januar 2017: Geschlechtergerechtigkeit in Kunst und Kultur

Hier finden Sie die Pressemitteilung zur Veranstaltung.