Ressourceneffizienz - Erfolgsfaktor für niederbayerische Wirtschaft

Das EU-geförderte, grenzüberschreitende INTERREG-Projekt „Von der Rohstoffkrise zur Ressourceneffizienz“ geht in die nächste Runde: In einem ersten Schritt wurden auf niederbayerischer und österreichischer Seite Interviews mit Experten aus den als besonders relevant geltenden Branchen (Maschinen- und Anlagebau, Kunststoffindustrie, Metallverarbeitung, Elektrogewerbe und Automobilsektor) sowie mit Spezialisten aus den Bereichen Energie, Material, effiziente Produktion, u.v.m. geführt, um sowohl die allgemeine Relevanz der Ressourceneffizienz einzuschätzen als auch aktuelle Trends und Tendenzen zu erkennen. Die Ergebnisse dieser Expertenbefragung wurden durch die Projektpartner Hochschule Landshut und von oberösterreichischer Seite Umwelttechnik-Cluster (Linz) und Produktions-Forschungsinstitut "Profactor" (Steyr) soeben veröffentlicht.

Wesentliche Ausgangshypothesen der Studie wurden dabei bestätigt: 85 Prozent der Befragten erwarten für die Zukunft einen starken Anstieg der Ressourcenpreise. 59 Prozent gehen auch davon aus, dass diese künftig starken Schwankungen unterliegen werden. Gründe hierfür sind die vielen börsennotierten Rohstoffe und die damit verbundenen Spekulationen sowie die Abhängigkeit von der konjunkturellen Wirtschaftsleistung. Im Hinblick auf die Ressourceneffizienz selbst liegt nach Expertenmeinung eine hohe Aufmerksamkeit auf der kostengünstigen Versorgung mit rohstoffintensiven Vorprodukten sowie auf Energiethemen wie (dezentraler) Energieversorgung, Wärmerückgewinnung und Restenergienutzung. 61 Prozent der Experten rechnen mit einer Kopplung des Ressourcenverbrauchs mit dem künftigen Reglementierungs- und Steuersystems und dass Energiemanagementsysteme zwingend vorgeschrieben sein werden, um Steuervorteile erhalten zu können.

Durchleuten des kompletten Prozesses  bietet hohes Einsparpotenzial

Gefragt nach den Trends der Ressourcenoptimierung, sind sich die Experten einig, dass man durch punktuelle Betrachtung in den Unternehmen zwar etwas erreichen kann, jedoch viel mehr und sehr viel effizienter erreicht werden kann, wenn der komplette Prozess von der Planung über die Beschaffung und Produktion bis hin zum Recycling betrachtet wird und in diesen Abläufen auch die einzelnen Schritte durchleuchtet werden. Ein Teil der Experten sieht in bestimmten Branchen über 25 % Einsparpotential auf Ressourcenseite, insbesondere in der Substitution von Vorprodukten. Handlungsfelder, wie beispielsweise Druckluftoptimierungen oder alternative Beleuchtungskonzepte wurden bereits in manchen Unternehmen umgesetzt. Doch sehr viele Betriebe haben ihre Basishausaufgaben noch nicht gemacht, wie z.B. die Erhebung von Daten, um Energie- und Stoffströme detailliert in der Produktion betrachten zu können. KO-Kriterium für Ressourceneffizienz-Projekte ist ferner ein „Kümmerer“ innerhalb der einzelnen Betriebe. Ohne eine verantwortliche Person, die das Thema treibt - so die Experten - wird nicht viel passieren.

Alle Ergebnisse in ihrem Zusammenhang liefert die Broschüre „Spurensuche – Von der Rohstoffkrise zur Ressourceneffizienz“, die über die Hochschule Landshut erhältlich ist (E-Mail: roeh@fh-landshut.de).

Zweite Befragung und Ergbnisvermittlung in Workshops

In einem zweiten Schritt soll nun tiefer in die Materie eingetaucht werden: Durch konkrete Befragungen von KMUs in den Zielregionen soll zum einen der konkrete Stand von Ressourceneffizienzmaßnahmen erhoben sowie best-practice-Beispiele ermittelt werden. Ziel ist es, einen „Werkzeugkasten“ mit Handlungsalternativen in den Bereichen Beschaffung von Rohstoffen und Sekundärrohstoffen, Produktion und technische Verarbeitungsverfahren sowie in der Thematik des Recyclings und der Kreislaufführung aufzubauen. Diese Ergebnisse und Ansatzpunkte sollen den KMUs ab Herbst 2012 über Firmentreffen und Workshops vermittelt werden. „Wichtig ist, den Unternehmen die Ergebnisse der Studie zu spiegeln, um so die Ressourceneffizienz in den niederbayerischen und oberösterreichischen Betrieben zu steigern. Deshalb hoffen wir auf die Teilnahme vieler Betriebe an der Befragung, um möglichst fundierten Input zu bekommen. Je mehr mitmachen, desto besser wird sich der Werkzeugkasten befüllen lassen, der dann allen zu Gute kommen soll!“, so Prof. Dr. Carsten Röh, Projektleiter auf deutscher Seite.

Das Forschungsprojekt „Von der Rohstoffkrise zur Ressourceneffizienz“

Im September 2011 fiel der Startschuss für das Projekt  das die Verbesserung der Ressourceneffizienz (Rohstoffe, Vorprodukte und Energie) im verarbeitenden Gewerbe in Niederbayern und Oberösterreich zum Ziel hat. Forschungspartner im grenzübergreifenden Projekt sind die Hochschule Landshut mit Prof. Dr. Carsten Röh als Leiter auf niederbayerischer Seite sowie als oberösterreichischen Projektpartner das Umwelttechnik-Cluster in Linz und das Produktions-Forschungsinstitut "Profactor" in Steyr.

Durch die Verknappung und Verteuerung von Rohstoffen und Vorprodukten und die steigenden Energiepreise stehen Unternehmen unter erhöhtem betriebswirtschaftlichen Druck. Auf der Agenda stehen damit die preisgünstige und zuverlässige Versorgung mit diesen Ressourcen, aber zunehmend auch deren wirtschaftlichere und effizientere Verwendung in den Fertigungsprozessen incl. Recycling.

In den letzten Jahrzehnten sind im Rahmen der "Lean Production-" bzw. "Lean Management-Welle" betriebliche Produktivitätssteigerungen eng am Faktor Personal, Bestands- und Durchlaufzeitenminimierung sowie dem verstärkten Outsourcing aufgehängt worden. Die betriebliche Produktivität konnte enorm gesteigert werden. Der Hauptkostenanteil im verarbeitenden Gewerbe liegt - bedingt durch das starke Outsourcing - nunmehr bei den Materialkosten. Deren Verteuerung durch die Rohstoffkostenrallye schlägt sich nun überproportional in Ergebnis und Rendite nieder. Die alte Kaufmannsregel "Der Gewinn liegt im Einkauf" wird gewissermaßen umgekehrt. Damit wird es erforderlich, auch Ressourceneinsatz selbst anzupacken und die Ressourceneffizienz in den einzelnen Verarbeitungsschritten stärker in den Fokus rücken zu lassen.

Anders als große Industriebetriebe haben klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) meist nicht die Mittel und Kapazitäten, sich selbst intensiv mit den damit verbundenen Ressourceneffizienzthemen auseinanderzusetzen. Gleichermaßen haben die KMU aber eine große volkswirtschaftliche Bedeutung, da sie einen sehr hohen Anteil der niederbayerischen und oberösterreichischen Wirtschaftsleistung repräsentieren. Hier genau greift die Studie "Von der Rohstoffkrise zur Ressourceneffizienz" an.