Neues Forschungsprojekt: Magnesium macht Autos von Morgen leichter

Ein neues innovatives Forschungsprojekt an der Hochschule Landshut erhält eine Bundesförderung: Durch den Einsatz von Magnesiumfeinblechen soll das Gewicht der Fahrzeuge von Morgen reduziert und wichtige Ressourcen eingespart werden. Das Projekt unter Federführung des Kompetenzzentrums Leichtbau der Hochschule Landshut mit den Verbundpartnern Adam Opel AG (Rüsselsheim), CADFEM GmbH (Grafing bei München), Magnesium Flachprodukte GmbH (Freiberg) sowie dem Gießereiinstitut der Technischen Universität Bergakademie Freiberg erhält für die Laufzeit von 3 Jahren eine Förderung von 311.000 Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dies über das Forschungsprogramm „FHprofUnt“.

Zum Start des Forschungsprojektes mit dem Titel „Betriebsfestigkeitsanalyse für Leichtbaustrukturen aus Magnesiumknetlegierungen“ trafen sich der Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Otto Huber und wissenschaftliche Mitarbeiter Dipl.-Ing. (FH) Johannes Dallmeier (beide Kompetenzzentrum Leichtbau der Hochschule Landshut) mit Vertretern aller Partner und dem Leichtbau-Cluster an der Hochschule Landshut. Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel betonte dabei die Bedeutung des Leichtbaus insgesamt und als Forschungsbereich an der Hochschule. Umso mehr freue er sich über das neue Forschungsprojekt, zu dessen Realisierung auch der Leichtbau-Cluster beigetragen habe.

Gewichtseinsparungen durch "neue" Materialien

Die Motivation für das Projekt liegt in den steigenden Sicherheits- und Komfortanforderungen der Kunden an ihre Fahrzeuge, die für ein immer höheres Gewicht der Fahrzeuge sorgen. Das hat wiederum einen hohen Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß zur Folge. „Der Leichtbau versucht, dem entgegenzuwirken. Neben anderen Ansätzen liegt ein wichtiges Augenmerk auf dem Stoff- und Formleichtbau. Dabei werden die bisher verwendeten Werkstoffe, meist Stähle, durch „neue“ Materialien mit besseren spezifischen Eigenschaften in werkstoffgerechten Geometrien ersetzt, wodurch ein Gewichtsvorteil entsteht. Magnesium eignet sich aufgrund seiner besonders niedrigen Dichte von ca. 1,7 g/cm³ (mehr als viermal weniger als Stahl) bei guten mechanischen Eigenschaften sehr gut als Leichtbauwerkstoff für den Automobilbau“, wie Prof. Dr. Otto Huber den Hintergrund des Projektes erläutert.

Magnesiumgusskonstruktionen wie Gehäuse oder ganze Getriebe finden bereits breite Anwendung im Automobil. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist der Einsatz von Magnesiumfeinblechen jedoch erst seit der Entwicklung neuer Fertigungsverfahren wie dem Gießwalzen und dem Strangpressen sinnvoll. Durch Variation der Legierung sind bessere Korrosionseigenschaften und eine höhere Duktilität (plastische Verformung) umsetzbar. Darüber hinaus eröffnen Magnesiumbleche neue Formleichtbaupotenziale über dünnwandige, flächige Strukturen und Leichtbauprofile. Durch den Leichtbaueffekt zeigen sich deutliche Ressourceneinsparungen, sowohl bei der Herstellung als auch während der Nutzungsphase. Bezieht man den Recyclingkreislauf mit ein, ist die CO2-Bilanz von Magnesium im Vergleich mit anderen gängigen Metallwerkstoffen und technischen Kunststoffen am günstigsten. Bei der Verwendung von Blechen aus Magnesiumknetlegierungen kann das Gewicht der Karosserie soweit reduziert werden, dass der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen deutlich sinkt. Da sich das mechanische Verhalten von Magnesiumknetlegierungen stark von dem der bereits im Automobil verwendeten Metalle unterscheidet, sind umfangreiche Untersuchungen vor dem Einsatz nötig.

Betriebsfestigkeit und Lebensdauer von Magnesiumblechbauteilen berechnen

Das Ziel des Forschungsprojektes ist deshalb die Entwicklung und Verifizierung eines  Verfahrens, mit dem die Betriebsfestigkeit von dünnwandigen Blechstrukturen aus Magnesiumknetlegierungen analysiert werden kann. Mit Hilfe des neuen Verfahrens und einer Betriebsfestigkeitssoftware soll es möglich werden, die Lebensdauer von Magnesiumblechbauteilen deutlich genauer zu berechnen, als es derzeit möglich ist. Die Erweiterung der Betriebsfestigkeitsanalyse auf Magnesiumblechstrukturen zusammen mit den neuen Fertigungsverfahren für Magnesiumbleche ist eine wesentliche Voraussetzung für den Großserieneinsatz von Magnesiumblechen in der Automobilindustrie.

Besonderes Augenmerk muss dabei auf spezielle mechanische Phänomene wie z.B. die Zug-Druck-Asymmetrie und die nicht monotonen Hystereseäste des zyklischen Spannungs-Dehnungs-Verlaufs von Magnesiumknetlegierungen gelegt werden. Ebenfalls zu beachten ist der Reihenfolgeeinfluss, welcher aus der allgemein hohen Mittelspannungsempfindlichkeit von Magnesium resultiert. Unter Beachtung all dieser Dinge gilt es, die Ergebnisse der Lebensdauerberechnung mit Versuchsergebnissen zu vergleichen und somit ein Verfahren zu entwickeln, dass eine zuverlässige Lebensdauervorhersage möglich macht.

Ergebnisse sollen Serienfertigung ermöglichen

Am Projektende wird eine Leichtbaustruktur aus Magnesiumfeinblech für den Großserieneinsatz zur Verfügung stehen, die unter Anwendung der erforschten Methode für eine Betriebsfestigkeitsrechnung entwickelt wurde. Von dieser Struktur werden Prototypen gefertigt und die berechnete Lebensdauer experimentell nachgewiesen. Die Ergebnisse sollen dann in die Serienfertigung der Automobilherstellung einfließen und somit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen: Zum einen durch einen verringerten Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß bei konventionellen Fahrzeugen bzw. einer erhöhten Reichweite bei Elektrofahrzeugen durch den Leichtbauvorteil; zum anderen aber auch durch den Imagegewinn als Innovationsträger.

„Wir sehen ein großes Marktpotenzial für den Einsatz von Magnesiumknetlegierungen als Konstruktionswerkstoff im Innenraum sowie in Rahmenkonstruktionen im Automobil und Nutzfahrzeug“, wie Herr Dr. Boris Künkler von der Opel AG betont. Auch die Studierenden der Hochschule Landshut profitieren von dem neuen Forschungsprojekt. In Projekt- und Abschlussarbeiten erhalten sie praxisnahe Einblicke in die werkstoffmechanische Untersuchung neuer Leichtbaumaterialien unter statischen und zyklischen Beanspruchungen. Es bietet darüber hinaus die Möglichkeit zur Promotion eines wissenschaftlichen Mitarbeiters in Kooperation mit der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. In den vergangenen beiden Monaten sind bereits erste Untersuchungen gelaufen. Bei der Auftaktveranstaltung wurde aufgrund dieser ersten Ergebnisse der Projektplan konkretisiert und das weitere Vorgehen der einzelnen Projektpartner abgestimmt.