Logistik-Spezialisten informieren sich an der Hochschule Landshut über neues System zur Kundenauftragssteuerung

Die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) informierte sich bei ihrem Treffen der Regionalgruppe Südbayern an der Hochschule Landshut über die Aktivitäten im Kompetenzzentrum PuLL® (Produktion und Logistik Landshut) und das innovative Forschungsprojekt „Layout based Order Steering (LOS1)“: In der Lean-Lernfabrik konnten sie einen ersten Prototypen der entwickelten Produktionssteuerung in Augenschein nehmen, der eine Echtzeitverfolgung von Kundenaufträgen ermöglicht.

Die BVL gibt ihren Mitgliedern Anregungen und Impulse für branchenübergreifende und zukunftsweisende logistische Konzepte. Rund 40 südbayerische Spezialisten aus den Bereichen  Logistik und Supply Chain Management, zeigten sich beeindruckt von dem Landshuter Forschungsprojekt. Für BVL Regionalgruppensprecher Dipl.-Ing. Frank Bühler, spiele gerade das Thema Lean für Unternehmen eine große Rolle, neue Ansätze wie das Landshuter Forschungsprojekt LOS 1 seien für die Mitglieder von besonderem Interesse. Auch Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung des Forschungsschwerpunktes Logistik und Produktionssysteme, der gerade für klein- und mittelständische Unternehmen wertvolle Impulse liefern könne. Dies auch im Bereich der Mitarbeiterweiterbildung, wie der erfolgreiche Start des neuen berufsbegleitenden Masters Prozessmanagement und Ressourceneffizienz gezeigt habe.

Trotz eines enormen Planungs- und Steuerungsaufwandes erreichen viele Unternehmen nur eine geringe Termintreue, wie Prof. Dr. Markus Schneider, Leiter des Kompetenzzentrums PuLL®, erklärt. Grund dafür seien häufig die gewachsenen Unternehmensstrukturen, die im Laufe der Zeit eine hohe Komplexität in der Steuerung erzeugen. Obwohl Unternehmen viel Aufwand und Kapital in die Verbesserung der Termintreue stecken, entwickle sich diese nicht wirklich weiter. Anstatt zu versuchen, die Komplexität zu beherrschen, müsste der eigentliche Ansatz sein, die Komplexität zu senken. Im Unternehmen gäbe es gerade über das Qualitätsmanagement detaillierte Regelungen für die kleinsten Details. Schneider plädiert dafür, Unschärfe zuzulassen, nur so könne man das große Ganze im Blick behalten.

Zur Reduzierung der Komplexität im Produktionssystem liefert das Lean Production Konzept die passenden Ansätze. Allerdings existiert für das Konzept in Theorie und Praxis keine einheitliche Beschreibung. Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten, wie beispielsweise Ziel, Prinzipien und Methoden systematisiert und strukturiert das Kompetenzzentrum PuLL® unter dem Namen „Das Landshuter Produktionssystem: CLean Production“. Es soll gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Interesse an der Einführung des Konzeptes haben, eine klare Struktur an die Hand geben. Die Doppeldeutigkeit des Namens (Lean & Clean) deutet die zukünftig geplante Weiterentwicklung des Konzeptes im Hinblick auf eine Erhöhung der Umweltverträglichkeit von Produktionssystemen an.

Derzeit liegt der Fokus der Forschungsarbeiten jedoch vorrangig auf der Ausgestaltung des Lean Produktionssystems. In diesem Zusammenhang werden besonders Vorgehensweisen zur Gestaltung von Werksstrukturen hinsichtlich der Grundgedanken einer schlanken Produktion überarbeitet. Durch eine prozessorientierte Anordnung von Maschinen soll beispielsweise eine vereinfachte Steuerung ermöglicht werden. „Weg von klassischer Steuerung jedes einzelnen Prozesses. Dies sei auch die Basis für das Forschungsprojekt LOS 1“, wie Schneider erläutert. Dabei würden zur Reduzierung der Komplexität in der Produktion die Lean Prinzipien in die Fabrikplanung integriert. Sei eine Werksstruktur erst einmal nach den Prinzipien einer schlanken Produktion gestaltet, schaffe dies weitere Möglichkeiten den Steuerungsaufwand zu reduzieren. Dazu wird im Rahmen des Projektes ein Indoor-Ortungssystem mit einem Steuerungssystem für Kundenaufträge und einer digitalen Layoutplanung gekoppelt.

Die Echtzeitvisualisierung der Kundenaufträge im prozessorientierten Layout ermöglicht es dem Planer seine Steuerungsaktivität auf die Abweichungen im Prozess zu begrenzen. Neben der Reduzierung des aktiven Steuerungsaufwandes liefert das System noch eine Vielzahl weiterer Vorteile. So können beispielsweise die sogenannten Übergangszeiten, welche für den Transport und die Wartezeit zwischen zwei Bearbeitungsstationen anfallen, jederzeit ermittelt und dementsprechend angepasst werden, Prozesse und Prozesszeiten optimiert werden. Bisher verwendete Systeme wissen nicht genau, wo ein Auftrag sich im Augenblick befindet, sondern können nur an einer Maschine erfassen, welcher Auftrag gerade da ist oder war.

Den in der Lean-Lernfabrik des Kompetenzzentrums PuLL® installierten Prototypen des Kundenauftrags-Nachverfolgungssystems präsentierte wissenschaftlicher Mitarbeiter und LOS1-Projektleiter Dipl.-Wirtschaftsingenieur Michael Ettl. Dabei wird jeder Kundenauftrag mit einem Transponder versehen. Über die in der Fabrik installierten Sensoren ist so jederzeit die aktuelle Position ermittelbar. Aufgrund der entwickelten Verbindung mit einer Auftragssteuerung konnte auch eine laufende Überprüfung der Einhaltung des geplanten Auftragsfortschrittes realisiert werden. Die Daten laufen am zentralen Leitstand auf, ein Eingreifen ist so nur bei Störungen bzw. Verspätung notwendig.

Als nächster Schritt des Forschungsprojektes LOS 1 ist ein Realeinsatz des Systems geplant. Hierzu ist die Zusammenarbeit  mit den Forschungspartnern wichtig, Entwickler und Anwender arbeiten Hand in Hand. Bei der Heidolph Instruments GmbH wird der Prototyp erstmals eingesetzt, um die Überwachung der Kundenaufträge über das in Landshut entwickelte LOS1-System in Realbedingungen zu testen und weiter zu entwickeln.