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Landshuter Professorin spricht vor Ethikrat

Expertise von Prof. Dr. Eva Wunderer auf Jahrestagung zum Thema Ernährungsverantwortung gefragt

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Deutsche Ethikrat sehr prominent in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Das Gremium setzt sich aber bei weitem nicht nur mit Fragen rund um Corona-Maßnahmen und Impfpriorisierung auseinander. Es hat vielmehr die Aufgabe allgemein ethische, gesellschaftliche, naturwissenschaftliche, medizinische und rechtliche Fragen zu diskutieren – zum Beispiel auch im Hinblick auf die Ernährungsverantwortung. Die Dimensionen davon waren Thema der jüngsten Online-Jahrestagung des Ethikrats am 23. Juni. Die Jahrestagung wurde per Livestream übertragen und verzeichnete über 1000 Zuschauer*innen. Als Referentin war auch eine Expertin für Essstörungen der Hochschule Landshut zu Gast.

Prof. Dr. Eva Wunderer von der Fakultät Soziale Arbeit diskutierte mit ihren Kolleginnen Sabine Bohnet-Joschko (Universität Witten/Herdecke) und Eva-Maria Endres (Promotionskolleg „Ethik, Kultur und Bildung für das 21. Jahrhundert“ der Katholischen Hochschulen in Bayern) den Einfluss von Medien und Internet auf Essverhalten, Körperbilder und Konsum. Wunderer ist seit einigen Monaten mit dieser Thematik eng vertraut. Anhand einer

aktuellen Studie möchte sie herausfinden, wie die Nutzung von sozialen Medien mit den Essstörungen junger Menschen zusammenhängt.

Körperideale im Netz mehr hinterfragen

„Der deutsche Ethikrat kam auf mich in Folge der Studie zu Sozialen Medien und Essstörungen zu, die ich zusammen mit Dr. Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen IZI durchgeführt habe“, erklärt Wunderer. Das sie auf der Jahrestagung einen Impulsvortrag zu diesem Thema halten durfte, sei für sie eine große Ehre gewesen. „Ich hoffe, mit meinem Vortrag einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Darstellung von Körper und Ernährung in Sozialen Medien und die Bedeutung des Körpers als Definitionsmerkmal allgemein hinterfragt werden“, so die Landshuter Professorin. „Wir brauchen Diversität in den Körperformen, Stigmatisierung aufgrund der Körperform muss aufhören.“ Dabei sollte sich laut Wunderer jeder und jeder Einzelne folgende Fragen stellen: Wie spreche ich über Ernährung, Figur und Gewicht? Inwiefern äußere ich mich abwertend oder mache Witze? Wem folge ich in Sozialen Medien, welche Bilder und Influencer*innen like ich?

Die Tagung nahm vor allem Übergewicht und Adipositas und ihre Folgen in den Blick. Das birgt auf der einen Seite die Gefahr einer Individualisierung der Verantwortung: Wer übergewichtig ist, ist selbst schuld, und sollte sich ändern. Dem widersprachen die Expert*innen auf der Tagung explizit, indem sie strukturelle und gesamtgesellschaftliche Einflüsse betonten. Die zweite Gefahr, so Wunderer, ist die Stigmatisierung und Diskriminierung bestimmter Körperformen. Nachhaltige, ausgewogene Ernährung dürfe nicht mit einer Fokussierung auf Body-Mass-Index und Körpergewicht einhergehen und Kinder je nach Körperform pauschal als „gesund“ und „ungesund“ oder gar „richtig“ und „falsch“ einordnen. Ansonsten bestehe die Gefahr, weiter zu einer Verstetigung der Idealisierung eines schlank-muskulös-fitten Körpers beizutragen, die auch mit Essstörungen in Zusammenhang steht.

„Der Diskurs auf der Tagung liefert mir neben Impulsen für die Forschung auch Anregungen für die Lehre“, zieht Wunderer ihr Fazit. „Ich freue mich, dass viele Studierende, vor allem im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten, die Forschung mitgestalten.“

Screenshot: Graphic Recording/gabriele-heinzel.com