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Cluster-Treff: Fahrzeugleichtbau – Chancen und Herausforderungen durch neue Materialien

Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel bei der Begrüßung der Teilnehmer/-innen.
Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel bei der Begrüßung der Teilnehmer/-innen.

Bei der Fertigung moderner Fahrzeuge ist der Einsatz von unterschiedlichsten Werkstoffen wie Hochleistungsstähle, Aluminium, Magnesium oder faserverstärkten Kunststoffen nicht mehr wegzudenken. Die Vielzahl von Strukturen in der Hybridbauweise bedeutet große Herausforderungen u. a. in der Entwicklung, der Fertigung, der Fügetechnologien sowie im Recycling. Beim „Cluster-Treff“ an der Hochschule Landshut trafen sich rund 100 Fachleute von Herstellern und Dienstleistern aus der Automobilbranche sowie der Wissenschaft, um neue Erkenntnisse rund um das komplexe Thema „Hybride Strukturen für den Fahrzeugleichtbau“ zu diskutieren. Eine anschließende Führung durch die CFK-Fertigung des BMW-Werks Landshut bot zusätzlich wertvolle Praxiseinblicke. Die Fachveranstaltung wurde in Kooperation zwischen den drei Kompetenznetzwerken Cluster Automotive, Cluster Neue Werkstoffe (beide Bayern Innovativ), Leichtbau-Cluster und dem Kompetenzzentrum Leichtbau (LLK) der Hochschule Landshut durchgeführt. Hochschulpräsident Prof. Dr. Stoffel betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung gerade des Leichtbaus, der seit Langem ein wichtiger Forschungsschwerpunkt der Hochschule Landshut sei. Die Hochschule verstehe sich als Impulsgeber für Unternehmen und sei gerne Gastgeber für die übergreifende Veranstaltung der drei Kompetenznetzwerke, die eine hervorragende Plattform für Technologieaustausch biete. Dies bestätigte auch Prof. Dr. Josef Nassauer, Sprecher Cluster Automotive, Nürnberg, in seiner Einleitung, viele Innovationen seien durch Kooperationen von Unternehmen entstanden. Gewicht einzusparen sei von besonderer Bedeutung, besondere Herausforderungen seien dabei effiziente Fertigungstechnologien und die Herausforderungen beim Fügen von verschiedenen Materialien. Wie komplex die Herausforderungen bei Forschung und Entwicklung im Bereich hybrider Strukturen für den Fahrzeugleichtbau sind, zeigte Prof. Dr. Otto Huber (Leiter Kompetenzzentrum Leichtbau, Hochschule Landshut) am Beispiel  des Kooperationsprojektes „LeitHyb“. In dem vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Projekt soll das Gewicht von Reisemobilen des Herstellers Knaus-Tabbert GmbH (Jandelsbrunn) soweit reduziert werden, dass sie mit dem neuen PKW-Führerschein betrieben werden können, dies bei gleichzeitiger Erhöhung der passiven Sicherheit. Dabei müsse die gesamte Wertschöpfungskette abgedeckt werden, von der Forschung und Entwicklung über die Konstruktion und Produktion bis hin zum Recycling. Eingespart werden dabei rund 50 Kilogramm im Bereich des Chassis durch eine neue hybride Rahmenstruktur. „Der Aufwand ein Berechnungsmodell zu erstellen ist dabei sehr hoch. Unterschiedlichste Lastfälle, von der Vollbremsung bis zum Abheben eines Rades (Torsion), müssen ebenso berücksichtigt, wie z.B. die Kraftübertragung auf Längs- und Querträger durch auf dem Boden stehende Möbel“, wie Prof. Dr. Huber erklärte. Die Simulation erfolgt dabei mit aufwändigen Gesamtfahrzeugmodellen, u.a. per Verwindungsversuch wird das Modell validiert. Um Leichtbaupotenziale auszuschöpfen, sollen beim Rahmen neuer Reisemobile dünnwandige Profile mit einem Stützkern aus zellularem Verbundstoff (Glasschaumgranulate in Polymer-Matrix) verwendet werden. Dieser Verbundwerkstoff findet auch bei der Seitencrashzone Verwendung, diese wird mit einer entsprechenden Sandwichplatte und Energieabsorptionselemente verstärkt. Gerade beim Fügen der verschiedenen Materialien in Mischbauweise spielen Klebtechniken eine wichtige Rolle. Dieses wird nicht mehr nur zur Unterstützung, z. B. bei der Stanzniettechnologie, sondern als solitäres Verfahren bei der Mischbauweise eingesetzt. Dipl.-Ing. (FH) Florian Altenwenger (Labor Klebtechnik- und Verbundwerkstoffe, Hochschule Landshut) gab einen Überblick über die Möglichkeiten und Herausforderungen des Klebens im Fahrzeugbereich. Dies sowohl bei der Fertigung von Werkstoffen, dem Fügen von Bauteilen und der Reparatur von Schäden. Dabei machte er deutlich, dass die Berechnung und Verwendung des richtigen Klebers ebenso eine große Rolle spiele, wie die Oberflächenvorbehandlung der Materialien. In einer Laborführung durch das Kompetenzzentrum Leichtbau konnten die interessierten Teilnehmer/-innen einen Einblick in die vielfältigen Forschungsaktivitäten und -möglichkeiten an der Hochschule Landshut gewinnen. Die Realisierung von endlosfaserverstärkten Bauteilen aus Organoblechen zeigte Dipl.-Ing Andreas Brunner, Schaumform GmbH, Hutthurm. Leichtbau für den täglichen Gebrauch, lautet das Ziel des Unternehmens. Dabei sollen vor allem neuartige Kunststoffe und Composite-Materialien zum Einsatz kommen mit denen sich Leichtbauteile besonders kostengünstig und in großen Stückzahlen herstellen lassen. Organobleche bestehen aus einem Fasergewebe oder einem Fasergelege, die in eine thermoplastische Kunststoffmatrix eingebettet sind. Der Vorteile liegt in der Warmumformfähigkeit und den daraus resultierenden kürzeren Prozesszeiten. Die Herstellung war bisher sehr aufwändig und teuer. Mit neuen Produktionsverfahren können aus Kunststoffen und Composite-Materialien neuartige Leichtbauteile, auch Integralschaum- oder Sandwichbauteile, in kurzen Taktzeiten gefertigt werden. So lassen sich beispielsweise mit der FIT-Hybrid-Technologie Composite-Rohre in wenigen Minuten herstellen. Die iPor- und die RiPor-Technologie liefern sogar mit Taktzeiten unter einer Minute Leichtbauteile. Dass die Verwendung von neuen Mischbauweisen große Herausforderungen für das Recyling bedeutet, verdeutlichte Peter Wiedemann, Geschäftsführer der WIPAG Deutschland GmbH, Neuburg). Aktuell finde im Rahmen des End-of-Life-Recyclings die Wiederverwertung von Altstoßfängern statt. Alles andere wandere in den Schredder, wiederverwertbare Materialien werden dem Recycling zugeführt. Davon müsse man sich wegen der verwendeten vielfältigen (Verbund-)Materialien verabschieden. Das Recycling von technischen Kunststoffen und Verbundstoffen bedeute: demontieren und zurückbauen. Die Delamination, das Trennen der Schäume von thermoplastischen Materialien werde bereits durchgeführt. Doch müssten neue Recyclingtechnologien für Materialien wie Magnesium oder CFK weiterentwickelt werden, bei der Bauteilplanung müsste bereits frühzeitig das mögliche Recycling berücksichtigt werden. Abgerundet wurde das Vortragsprogramm mit einem Einblick in die innovative Faserverbundfertigung im BMW Werk Landshut. Nach einer kurzen Einführung über den BMW-Standort Landshut  besichtigten die Teilnehmer/-innen das neue Innovations- und Produktionszentrum CFK für ultraleichte Carbonteile, in dem Teile für die neuen BMWi-Modelle hergestellt werden, die im Herbst auf den Markt kommen. Zwei Fertigungsspezialisten erläuterten den genauen Ablauf des Produktionsprozesses anhand von Exponaten und beantworteten die vielen Fragen des hochinteressierten Fachpublikums.

Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel bei der Begrüßung der Teilnehmer/-innen.
Prof. Dr. Otto Huber (LLK, Hochschule Landshut) erläuterte die Komplexität von Forschungsprojekten im Bereich Leichtbau.
Dipl.-Ing. Florian Altenwegner (Labor Klebtechnik- und Verbundwerkstoffe, Hochschule Landshut) bei seinem Vortrag mit vollem Plenum.
Bei der Führung durch das Labor Leichtbaukonstruktion zeigte Prof. Dr. Otto Huber die Möglichkeiten im Bereich Forschung und Entwicklung auf.