Biogasanlagen für kleine Betriebe

Bezirksvertreter informieren sich über aktuellen Stand des Modellprojekts an der Hochschule Landshut

Landshut-Schönbrunn. Die Energiewende muss schneller vorankommen. Auch ein Projekt unter der Beteiligung des Bezirks Niederbayern könnte hier einen wertvollen Beitrag leisten – vor allem auf kleineren landwirtschaftlichen Betrieben. Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Kleine Biogasanlagen aus textilen Materialien“ erforschen und entwickeln auf dem Gelände des Agrarbildungszentrums Landshut-Schönbrunn die Hochschule Landshut, die Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising, die Firmen Finsterwalder Umwelttechnik und Agrotel sowie die Landmaschinenschule Schönbrunn eine kostengünstige und einfach zu errichtende Biogasanlage aus textilen Materialien (Kunststofffolien), die auch kleineren landwirtschaftlichen Betrieben eine Eigenversorgung mit Strom- und Wärme aus landwirtschaftlichen Reststoffen, wie Mist, Gülle und Ernteresten ermöglicht.

Dieses Projekt wird vom Bayerischen Wirtschaftsministerium mit rund 2 Millionen Euro gefördert. Auf dem Gelände des Agrarbildungszentrums (ABZ) des Bezirks Niederbayern soll ab Juni die Demonstrationsanlage mit 16 Kilowatt elektrischer Leistung und 35 Kilowatt Wärmeleistung mit Rinderfestmist und Kleegrassilage aus dem Biobetrieb des ABZ in Betrieb gehen.

Über den aktuellen Stand des Projektes informierten sich nun Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Bezirksrätin Martina Hammerl bei Hochschul-Präsident Prof. Dr. Fritz Pörnbacher und den Projektverantwortlichen an der Hochschule Landshut, Prof. Dr. Josef Hofmann und Prof. Dr. Walter Fischer. Die Vorteile von kleinen Hofbiogasanlagen liegen auf der Hand: Landwirte mit weniger Tieren, darunter auch Biobetriebe, könnten sich durch die eigene Energieversorgung autark machen, sich vor Blackouts des Stromnetzes schützen und die Grundversorgung des Hofes sicherstellen, was bei steigenden Energiepreisen auch wirtschaftlich zunehmend interessant wird. 25 bis 50 Kilowatt elektrische Leistung sollen diese kleinen Anlagen bereitstellen. Dazu soll nur das Substrat verwendet werden, das auf dem Hof anfällt. „Wir werden in unserem Projekt mit sämtlichen Substraten in der kleineren Technikumsbiogasanlage experimentieren vom konventionellen Mist aus der Schweine- und Rinderhaltung bis zu Kleegrassilage, Alpaka- oder Pferdemist“, erklärte der Projektkoordinator Hofmann in einer Präsentation den Bezirksvertretern.

Und hier eröffnet sich ein weiterer Vorteil der Kleinanlagen: „Die wirtschaftliche Nutzung der Substrate vor Ort ermöglicht es, die Transportwege zu reduzieren, was ökologisch sehr sinnvoll ist“, zeigte sich Olaf Heinrich begeistert. Der Bezirk Niederbayern war deshalb gerne bereit, sich als Kooperationspartner einzubringen, indem die Demonstrationsbiogasanlage auf dem Gelände des ABZ errichtet, mit dem dort anfallenden Mist getestet und so konstruiert wird, dass der Betrieb der Anlage am besten in die landwirtschaftlichen Abläufe integrierbar ist.

„Das Thema war schon 2019 brandaktuell, als Sie damit angefangen haben, und es wird, um bei der Energiewende voranzukommen, noch mehr in den Fokus rücken“, so Heinrich. Sollte die Anlage gut laufen und die erwarteten Ergebnisse bringen, so würden es beide Seiten – Bezirk und Hochschule – begrüßen, wenn aus dem Modellprojekt Hofbiogasanlagen ein Bildungsprojekt würde, indem man das Thema in die jeweiligen Ausbildungen im ABZ und der Hochschule integriert. Über 20 Studierende sind bereits jetzt beteiligt, um die Anlage zu konstruieren und zum Laufen zu bringen. An der Versuchsanlage im Kleinformat, die bereits auf dem Gelände steht, konnten Olaf Heinrich und Martina Hammerl die Funktion begutachten.

Damit die Anlagen kostengünstig zu kaufen sein werden, spielt auch die Materialauswahl eine Rolle. Walter Fischer, der Experte für Werkstofftechnik an der Hochschule, erklärte, dass bestimmt Kunststoffe, die auch im Deponiebau verwendet werden, für die Abdichtung der Anlage zum Einsatz kommen. Zudem seien textile Materialien auch aus ökologischer Hinsicht besser als Stahl und Beton. „Wir werden im Projekt auch die Nachhaltigkeit dieser kleinen Biogasanlagen zusammen mit der LfL untersuchen“, so Josef Hofmann, der noch ein weiteres Projektziel aufführte: „Wir haben gemerkt, dass die Genehmigungsverfahren solcher Anlagen zeitaufwendig und kompliziert sind, da es sehr strenge Auflagen für Biogasanlagen gibt. Mit unserem Projekt wollen wir diese Genehmigungshemmnisse abbauen, indem wir eine Art Baumuster schaffen.“ 

Biogas sei eine gute Technik, die sich aber bisher vor allem bei großen Betrieben mit hofeigenen Rückständen sowie mit Mist und Gülle ab 260 Großvieheinheiten rechnet. 94,6 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern liegen unter 100 Großvieheinheiten. Kostengünstige, langlebige, kleine landwirtschaftliche Hofbiogasanlagen zu etablieren, wäre für diesen Markt also hochinteressant. Aber nicht nur dafür. Wie Hofmann den Bezirksvertretern berichtete, könnte es auch gelingen, dieses Anlagenprinzip zur Produktion von Faulgasen in kleinen kommunalen Kläranlagen ab 5.000 Einwohnerwerten mit Eigenstromerzeugung zu nutzen oder als Biomethan für den Antrieb kommunaler Fahrzeuge zu verwenden.

„Der Weg weg von Atom- und Kohlestrom gelingt am besten, wenn viele unterschiedliche Stromerzeuger dezentral errichtet werden. Die hier erforschte Kleinbiogasanlage kann auf diesem Weg genauso helfen wie beispielsweise Solarthermie, Wasserkraft oder auch Biomasse“, erklärte Bezirkstagspräsident Heinrich. 

Beeindruckt von diesen langfristigen Zielen wünschten Olaf Heinrich und Martina Hammerl vorerst aber gutes Gelingen für die nächsten Monate, damit der Betrieb zur Jahresmitte starten kann und Hochschulpräsident Prof. Dr. Pörnbacher bedankte sich für den Besuch und das Interesse von Seiten des Bezirks. 

Foto und Text: Lang/Bezirk Niederbayern