"Als Dolmetscher/in sollte man sich wie ein/e Dolmetscher/in verhalten." - Gastvortrag Maya de Wit am 17.01.2019 an der Hochschule Landshut

"The interpreter needs to behave herself/himself as an interpreter." - ist doch logisch, oder nicht? Aber was heißt das denn konkret? Was denken denn Dolmetscher/innen, wie man sich als Dolmetscher/in zu verhalten hat? Und was sagen die Kunden/-innen dazu? Was macht eine/n gute/n Dolmetscher/in aus? Und ist diese berufliche Qualität irgendwie messbar?

Mit all diesen Fragen beschäftigt sich Maya de Wit, die seit vielen Jahren in den Niederlanden als Gebärdensprachdolmetscherin tätig ist. In ihrem Gastvortrag an der Hochschule Landshut gab sie einem bunt gemischten Publikum aus Gehörlosen und Hörenden verschiedener Nationalitäten einen Einblick in die Ergebnisse ihrer Forschungen, an denen sie gemeinsam mit Irma Sluis arbeitet.

Immer wieder kommt es im Alltag zwischen Dolmetschern/-innen und Kunden/-innen zu Enttäuschungen auf beiden Seiten – das Verhalten und die Leistung der/des Dolmetschers/-in stimmen nicht mit den Erwartungen gehörloser Kunden/-innen überein und umgekehrt stoßen Dolmetscher/innen auf Kunden/-innen, denen jegliches Hintergrundwissen über den Dolmetschprozess fehlt. Und besonders Berufsanfänger/innen merken sehr bald, dass all die eifrig erlernte Dolmetsch-Theorie in der Realität oft ganz anders aussieht.

Um Licht in das Dunkel an Erwartungen und Vorstellungen zu bringen, wurden Gehörlose mittels Umfragen und in Live-Settings danach gefragt, welche Aspekte ihnen bei der Wahl ihrer Dolmetscher/innen wichtig seien. Dabei kamen viele Punkte zur Sprache, an vorderster Stelle wurde jedoch die Wichtigkeit einer herausragenden Sprachkompetenz genannt. Dieser Punkt scheint wenig überraschend, es liegt schließlich auf der Hand, dass die/der Dolmetscher/in verständlich gebärden können muss und umgekehrt auch die gehörlose Person absolut verstehen muss, um die Aussagen adäquat in die Lautsprache übertragen zu können. Doch scheinbar stoßen Gehörlose im Alltag immer wieder auf Dolmetscher/innen, mit deren Sprachkompetenz sie nicht zufrieden sind.

Neben dem Beherrschen des Dolmetsch-Handwerkszeugs gibt es aber noch zahlreiche weitere Voraussetzungen, die ein/e Dolmetscher/in erfüllen sollte: absolute Vertrauenswürdigkeit und Verschwiegenheit, Bereitschaft, sich auf jeden Auftrag gründlich sowohl inhaltlich, als auch terminologisch vorzubereiten, die Fähigkeit, sich gut in Situationen einzufügen und sich eben „wie ein/e Dolmetscher/in“, und nicht wie ein/e Gesprächsteilnehmer/in zu verhalten. Auch gern gesehen ist ein hohes Maß an Flexibilität.

Und die braucht man auch.

„Ich dolmetsche seit 26 Jahren und es ist immer noch so, dass ich in völlig neue Situationen komme und mich anpassen muss.“ – sagt Maya de Wit und schmunzelt als ihr eigener Vortrag zum Paradebeispiel der Dolmetschflexibilität wird.

Sie selbst referiert in International Signs, ihre Powerpoint ist Englisch und gedolmetscht wird in die deutsche Lautsprache. Einige der Anwesenden sind aber in International Signs nicht allzu bewandert, weshalb spontan zwei Dolmetscherinnen aus dem Publikum aus dem Feierabend-Modus zurück in den Arbeits-Modus schalten und den Vortrag in die Deutsche Gebärdensprache übertragen.

Man weiß eben als Dolmetscher/in nie, was einen erwartet…doch mit den Jahren trägt man dann einen Erfahrungsrucksack mit sich herum – einmal reingreifen, vielleicht ist ja was Passendes für den nächsten Auftrag dabei? Doch beim Blick in den Rucksack sollte man niemals aus den Augen verlieren, dass man einer/-m waschechten Kunden/-in gegenüber steht, die man vielleicht - auch wenn man auf viele Erfahrungen zurückgreifen kann und ganz viel Theorie parat hat - nicht ausreichend bedienen kann, weil man ihre Erwartungen nicht kennt.

Doch wenn beide Seiten stets im Austausch stehen, sich Feedback geben und ihre Vorstellungen und Wünsche ganz offen teilen, steht gelungener Kommunikation nichts mehr im Wege.

Alina Reidelstürz
(GSD-Studentin des 5. Semesters)